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Icke und Dicke. Das Rapperpaar mit Mikro und Fatsuit auf der großen Bühne.

© Doris Spiekermann-Klaas

Oper: Icke und wer?

Er sitzt, Icke singt. Die Volksbühne zeigt die Proll-Oper der angeblich-Spandauer Rapper Icke & Er - und vermittelt Lebensmotti wie von Mutti.

Und er ist natürlich doch ein guter Junge. Und Mutti ist die beste, obwohl sie ihre Stoffbrüste etwas offensiv hat aus der Bluse baumeln lassen und in den Kinderwagen geascht hat, in dem der kleine Icke lag. Damals, in Spandau.

Icke? Jenau der: Sonnenbrille, Kapuzenpulli, Schlabberhose. Der Unbekannte aus dem Internet, der behauptet, aus der Berliner Vorstadt zu kommen und bald nicht mehr unbekannt war, sondern eine Größe im Berlina Medienkiez, nachdem er Musikvideos bei Youtube eingespeist hatte, mit seinem Spezi Er zusammen. Der sieht genauso aus wie Icke, sagt aber nüscht. Also: echter Plattenvertrag, Icke gab echte Konzerte, mit echten Fans. Und jetzt steht er, Höhepunkt der Medienkiezkarriere, auf der riesigen Volksbühne und zeigt ’ne Oper, bei der das Publikum schon jubelt, als es sein Sonnenbrillengesicht am oberen Ende der Showtreppe sieht.

Ist natürlich keine Oper, sondern ein bunter Abend im schön kaputtem Bühnenbild, bei dem Icke den Kosmos einer vaterlosen Proll-Sozialisation vorstellt. Links eine Kneipe, an deren Wand echte Spielautomaten vor sich hin piepen. Das Wirtsehepaar schreit sich aus verständlichen Gründen an („wir haben uns überliebt“), lässt dabei aber aus unerfindlichen Gründen Stoffbrüste und Gummipenis baumeln. Auf einem Hocker hockt Er, Rücken zum Publikum, und sagt 90 Minuten nüscht.

Dafür singen die anderen, zum Beispiel eine Online-Stripperin, die ihr Scheitern in der Schule beklagt. Dann gibt es noch den famosen Friedrich Liechtenstein, der das Geschehen kommentiert. Und Icke selbst, einmal als Loser im Fettkostüm, der es nie aus Spandau heraus geschafft hat, und einmal in echt, als melancholischer Star, der uns ein paar Lebensmotti (von Mutti?) mitgibt: Glaub an dich. Das Leben ist schön. Was zählt, ist der Moment. Ach, da werden wir selbst ganz melancholisch. So ein doller Trashaufwand für so enttäuschende Poesiealbumsweisheiten.

Wieder am 22.–24., 28.–30.4., 6. und 7., 28. und 29. 5.

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