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Das Konzert der Russisch-Deutschen Musikakademie im Konzerthaus.

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Orchester der Russisch-Deutschen Musikakademie: Dröhnt viel, schillert wenig

Ausgelassene Atmosphäre bei der jungen Künstlergeneration? Fehlanzeige. Beim Konzert der Russisch-Deutschen Musikakademie unter der Leitung von Valery Gergiev bleibt die Stimmung gedämpft.

Das Konzert der Russisch-Deutschen Musikakademie findet mitten in einer neuen Eiszeit zwischen dem Westen und Putins Reich statt. Eine Feier des gemeinsamen Jugendaustauschs sollte es werden, doch die Stimmung im Konzerthaus bleibt gedämpft. An mangelnder Fussballnähe kann es nicht gelegen haben. Der Auftritt der von Valery Gergiev angeleiteten jungen Musiker wurde extra vorgezogen, und beim begleitenden Empfang konnte ein jeder selbst mit dem Pokal fürs Foto posieren, den es in Frankreich erst noch zu gewinnen gilt. Das simple Motto des Abends „Hören – zuhören – miteinander“ erscheint als schwer zu meisternde Aufgabe.

Das könnte auch an der herausgehobenen Rolle liegen, die Valery Gergiev in der Deutsch-Russischen Musikakademie zugedacht ist. Die jungen Musiker proben in den Räumen seines Mariinsky Theaters und profitieren natürlich von der fast schon einschüchternden Erfahrung des russischen Star- und Staatsdirigenten. Wie wenig anregend Gergiev im politisch-gesellschaftlichen Diskurs agiert, durfte man bereits bei seinem homophoben Antritt in München erleben. Unlängst dirigierte er als Begleitzug russischer Bomber in Syrien und demnächst auf einem Schlachtschiff im Pazifik. Sein Beharren darauf, dabei immer nur Musiker zu sein, taugt wenig zum Vorbild für eine junge Künstlergeneration.

Der Solist vermag es nicht, Prokofievs Klavierkonzert ins Jetzt zu katapultieren

Vor diesem Hintergrund klingt die Idee von Vladimir Tarnopolskis „Tabula Russia“ beinahe subversiv. Der 1955 geborene Komponist attestiert Russland, auf der Suche nach seiner Geschichte von einem Extrem ins andere zu geraten. Den Gedanken der daraus resultierenden Löschung des jeweils Vorangegangen verknüpft Tarnopolski mit dem Glockenton als Klangsymbol Russlands. Das dröhnt mehr und schillert wenig. Über Prokofievs 3. Klavierkonzert hängt Gergiev ein patiniertes Bild von Virilität, aus dessen Schatten sich das Orchester nicht zu befreien weiß. Auch der brave Solist Behzod Abduraimov vermag das Werk nicht ins Jetzt zu katapultieren. Strauss' „Heldenleben“ in licht-ironischem Tonfall darf man von Gergiev nicht erwarten. Am eindringlichsten gelingt ihm die Passage „Des Helden Widersacher“, die Beschwörung feindlicher Dämonen. Um eine ausgelassene Atmosphäre zu erleben, muss man noch einen guten Monat warten. Dann zieht das Festival Young Euro Classic ins Konzerthaus ein.

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