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Kultur: Oscars Formen

ARCHITEKTUR

Erst baute er Wohnkisten im rechten Winkel, wie sein Mentor Le Corbusier forderte, später nahm er Berge und Flüsse oder den weiblichen Körper zum Vorbild, baute nur noch in Kurven. Heute gilt der 95-jährige, deutschstämmige Brasilianer Oscar Niemeyer als Urgestein der modernen Architektur. Die Entwürfe für Brasilia, die größte Retortenstadt des 20. Jahrhunderts, machten ihn zwischen 1956 und 1960 berühmt. Bei uns hingegen wurde er lange von Koryphäen wie Max Bill oder Heinrich Klotz geschmäht. Jetzt widmet das Deutsche Architekturmuseum in Frankfurt am Main dem Werk des alten, aber agilen Herrn eine Einzelausstellung (bis 11. Mai, Katalog 29,50 Euro). Eine „Legende der Moderne“ ist zu besichtigen: So führt ein 60 Meter langer, chronologischer Bilderfries von 350 Bauten in Niemeyers Schaffen ein. Diese Übersicht zeigt anschaulich sein Manifest der Kurven, von der 1940 entworfenen Franziskus-Kapelle von Pampulha in Belo Horizonte bis zum 2002 eröffneten Museum in Curitibia, das in einer Computersimulation präsentiert wird. Es ist wohl das erste Museum, das seine Besucher anschaut – mit einem überdimensionalen Auge vor einem langen Flachbau. Ähnlich leicht sind Niemeyers Regierungsbauten für Brasilia; selbst in Modellform wirken sie eher wie Skulpturen. Niemeyers expressive Schalen-Architektur kommt in den Schwarzweißfotos gut zur Geltung. Für seine Art des Bauens ist das schwerelose Weiß wichtig. Die Farbfotos in der zweiten Museumsetage nehmen den plastischen Formen viel von ihrer Leichtigkeit.

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