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Osterkonzert mit Tugan Sokhiev und dem DSO: Einer, der die Wogen glättet

Kein leichtes Osterprogramm: Mit Beethovens fünftem Klavierkonzert und Prokofjews fünfter Symphonie spielt das DSO unter Tugan Sokhiev zwei Werke, die mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten.

Mit seinem Osterprogramm wählt das Deutsche Symphonie-Orchester nicht den einfachen Weg, der sich an Festglanz und Auferstehungsgewissheit orientieren könnte. Unter ihrem Chef Tugan Sokhiev spielen die Musiker zwei sich zum Triumph durcharbeitende Werke, die mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten. Es geht um große Kunst, die immer nach einer neuen Positionsbestimmung ruft. Gewiss kann man Beethovens fünftes Klavierkonzert auch als perlendes Prachtstück mit etwas atmosphärischem Pulverdampf inszenieren – doch dafür hätte man sich nicht Lars Vogt eingeladen.

Für den Pianisten ist das Spiel definitiv noch nicht gelaufen, wenn Sokhiev den ersten Einsatz gibt. Impulsiv, mit anarchistischer Neugier beugt sich Vogt über Beethovens „Großes Konzert“, verrückt Perspektiven, zertrümmert jegliches Wohlfühlpathos, um danach wieder ganz sanft zu werden, in den pulsierenden Urgrund zurückzutreten. Das ist aufregend bis zum Feuchtehändebekommen, aber nicht immer wirklich treffend. Zum einen, weil Sokhiev sich zu sehr ins Reaktive verlegt und so mehr zum Wogenglätter wird denn zum orchestralen Auf- und Abmischer. Zum anderen, weil Vogts Vorstöße nicht frei von Beliebigkeit sind. Es wirkt ein bisschen so, als hätte er sich besonders ausgefallene Verstecke für seine Ostereier ausdenken wollen.

Nach der Pause setzt Sokhiev seinen Prokofjew-Zyklus mit der Fünften Symphonie fort, deren Uraufführung der Komponist im Januar 1945 dirigierte, als die Rote Armee gerade die Weichsel überschritt. Jubel war gefordert, der Künstler musste einen Standpunkt in einer kunst- und menschenfeindlichen Umgebung beziehen. Wie schwer das sein kann, wird Sokhiev dämmern, seit er im Januar zum Musikdirektor des Bolschoi ernannt wurde – und damit russischer Staatskünstler ist.

Auch vor diesem Hintergrund darf man gespannt sein, wie sich seine Sicht auf Prokofjew verändert. Bei der Fünften spielt Sokhiev seine Fähigkeit aus, selbst größte Klangballungen im Fluss zu halten, und animiert seine Musiker zu staunenswertem Powerplay. Dem Sarkasmus des Werks, das der „Größe des menschlichen Geistes“ gewidmet ist, bleibt er manches schuldig.

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