zum Hauptinhalt
North

© Berlinale

Panorama: Reisen durch die Finsternis

Liebe, Depressionen und andere Sorgen, davon handeln die zwei bemerkenswerten Debüts "Human Zoo" und "Nord". Mit ihnen eröffnet das Panorama der Berlinale.

Und ab! Zwei Männerfinger müssen dran glauben, damit Adria zu sich selbst finden kann. Halb Serbin, halb Albanerin, wird sie im Kosovo-Krieg zum Menschen ohne Heimat. Ein Deserteur bewahrt sie vor der Vergewaltigung und macht sie zur Komplizin in der Unterwelt eines vom Krieg verwüsteten Landes.

Für Rie Rasmussen ist ihr Spielfilmdebüt „Human Zoo“ eine Herzensangelegenheit. Es gehe ihr um Nationalgrenzen und Identität, sagt das ehemalige dänische Supermodel, um Frauenschicksale im Krieg. Rasmussen fuhr in den Kosovo und nach Afghanistan, ließ sich von Frauen berichten. Dann schrieb sie das Drehbuch, führte Regie und übernahm auch die Hauptrolle.

Etwas zu viel vielleicht für nur einen Film. „Human Zoo“ entwickelt kein Gefühl dafür, was es bedeuten könnte, als Spross einer albanisch-serbischen Liebe durch den Krieg zu irren; und die behäbig-didaktische Rahmenhandlung, als Adria später illegal in Marseille wohnt, schadet dem Film mehr, als dass es hilft. Die Kriegserzählung selbst allerdings folgt durchaus einem reizvollen Ansatz. Den Überlebenskampf ihrer Protagonistin erzählt Rasmussen als eine Art „Bonnie-und-Clyde“-Geschichte: Adria verwandelt ihr Ausgeliefertsein in eine wilde Romanze, und die Rolle, die sie dabei spielt, ist sehr viel weniger passiv, als es scheint. Das Mädchen im Männerzoo mausert sich zum Tier – und verabschiedet sich von Krieg und Clyde mit fulminantem Abgang (siehe: Finger). Wer Tarantinos „Death Proof“ für einen Frauenfilm hielt, der schaue hier, wie viel einfallsreicher und vielschichtiger die Mittel des Genrekinos sich verwenden lassen. „Romance the Dark“ sollte Rasmussens Debüt ursprünglich und sehr viel treffender heißen. Der Eröffnungsfilm des diesjährigen Panorama trägt zwar deutlich die Handschrift von Produzent Luc Besson („Leon – Der Profi“). An Rasmussens eigensinnigem Talent aber lässt „Human Zoo“ trotz seiner Mängel keinen Zweifel.

Auch das „Panorama Special“ wird in diesem Jahr von einem bemerkenswerten Erstling eröffnet. Der norwegische Dokumentarfilmer Rune Denstad Langlo ließ sich von der eigenen Depression zu seinem ersten Spielfilm inspirieren. „Nord“ erzählt die Geschichte von Jomar (Anders Baasmo Christiansen): Einst ein erfolgreicher Skiläufer, fristet Jomar nach einem Nervenzusammenbruch ein jammervolles Dasein als Pistenwärter wider Willen. Er trinkt, raucht, schaut fern und heult. Doch dann geht seine Hütte in Flammen auf und Jomar macht sich auf den Weg nach Norden – zu seinem vierjährigen Sohn, von dem er bislang nichts wusste. 1100 km mit dem Schneemobil (Busse machen Jomar Angst). Die Wegzehrung: ein Plastikkanister mit fünf Liter Selbstgebranntem. Auf der langen Fahrt zu sich selbst bleibt Jomar gelegentlich hängen – an Menschen, die schon vor ihm das Weite suchten, manche freiwillig, andere nicht. Ein hübsches „Offroad-Movie“ nördlich des Polarkreises, angemessen wortkarg, voll unerwarteter Vorkommnisse und mit mindestens einer wichtigen, lebenspraktischen Lektion: Auch kleine Mengen Schnaps führen zum Rausch, wenn nur ein Tampon und ein Herrenrasierer zur Hand sind.

„Human Zoo“: Heute 20.15 Uhr (Cinestar 3), 7. 2., 14.30 Uhr (Cubix 9), 14. 2., 22.30 Uhr (Cinemaxx 7). „Nord“: 6. 2., 19 Uhr (Zoo-Palast 1), 7. 2., 10.30 Uhr (Cinemaxx 7), 8. 2., 14 Uhr (International), 14. 2., 17 Uhr (International) 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false