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Kultur: Panorama: Total digital

Ist Tom Tykwers Ruf als visuell innovativster deutscher Filmregisseur in Gefahr? Dem Presseheft von "Zoom" zufolge war es Otto Alexander Jahrreiss, der in den letzten Jahren "ästhetisch neue Maßstäbe für das deutsche Kino gesetzt" hat.

Ist Tom Tykwers Ruf als visuell innovativster deutscher Filmregisseur in Gefahr? Dem Presseheft von "Zoom" zufolge war es Otto Alexander Jahrreiss, der in den letzten Jahren "ästhetisch neue Maßstäbe für das deutsche Kino gesetzt" hat. Das ist den Zuschauern der Beziehungskomödie "Alles Bob" zwar nicht aufgefallen, aber dafür werden jetzt in "Zoom" neue Maßstäbe gesetzt - in Sachen Weltfremdheit.

Jahrreiss scheint allen Ernstes zu glauben, dass noch heute der Besuch bei einer Prostituierten die größte Schande darstellt, weswegen die Kunden sich auch ohne In-flagranti-Fotos erpressen lassen. Von solchen Erpressereien lebt der Einzelgänger Waller (Florian Lukas). Er beobachtet seine Nachbarin, die rumänische Hure Wanda (Oana Solomon), mit einer Digicam und benutzt die Videobänder als Erpressungsmittel. Doch irgendwann will er sie nicht mehr nur beobachten, sondern auch befreien. Was sonst?

Jahrreiss bedient sich kräftig bei Scorseses "Taxi Driver" und Lynchs "Blue Velvet" (die dunklen Korridore!). Ihm stehen selbst für Nebenrollen exzellente Darsteller zur Verfügung, Götz Schubert als erpresster Kunde zum Beispiel. Und seine puritanische Haltung - der zufolge sogar der netteste Kunde bestraft werden muss, weil er ein Freier ist - lässt sich zur Not auch noch ertragen. Nicht jedoch die "Maßstäbe setzende" Ästhetik. Jahrreiss hat alle Bilder digital verfremdet. Das nervt auf die Dauer. Außerdem verrät er so nur sein Misstrauen in die Geschichte, die er erzählt.

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