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Kultur: Paradiesvögel

„Special night“ im Konzerthaus

Junge Solisten vorzustellen, die am Anfang einer internationalen Karriere stehen, ist bei young.euro.classic fast weniger spektakulär als die Präsentation von Jugendorchestern aus ganz Europa. Denn Internationalität ist längst selbstverständlich für junge aufstrebende Musiker geworden und trägt eher zu einer gewissen hochkarätigen Nivellierung als zu individueller Profilierung bei. So trug denn auch die erste „special night“ im kleinen Konzerthaus-Saal über weite Strecken Züge eines ganz gewöhnlichen Kammermusikabends. Kaum dem Wunderkind-Alter entwachsen, ist Annette von Hehn bereits eine sehr fähige Geigerin – zuletzt überzeugte sie in Berlin beim ARD-Kammermusikfest als ausdrucksvoll-souveräne Solistin im schwärmerischen Konzert von Ernest Chausson. Diesmal wacht sie erst in Strawinskys „Suite italienne“ richtig auf, kann den Charme ihres schlanken Tons, ihre makellose Artikulation und feingliedrige Technik voll zur Geltung bringen.

Janaceks hitzig zerrissene Sonate entbehrt mit dem sich erst allmählich in die Sensibilität der Geigerin einfühlenden Klavierbegleiter Thomas Hoppe der ganz großen, plausible Zusammenhänge stiftenden Leidenschaft. Intensive Spannung im Kontrast energiegeladener Sprünge und zarter Walzer-Anklänge entsteht dafür in Schönbergs spröder „Fantasie“ op. 49. Die „Lichtsplitter“ der jungen Komponistin Irina Emiliantseva, uraufgeführtes Auftragswerk, wirken daneben trotz dramatischer Konvulsionen etwas blass; ein aus den Klangspektren der Töne „H“ und „F“ gewonnenes karges Lamento in der russischen Nach-Wende-Tradition.

Nach so viel klassischer Strenge ein besonderes Bonbon für die durchhaltewilligen Fans: der Sopranist Fabrice di Falco stellt sich quer zu den Genres und Kulturen, gewissermaßen ein Paradiesvogel unter all den ehrgeizigen, wettbewerbserfahrenen, immer den Standard soliden Könnens aufweisenden jungen Künstlern. Aus Martinique gebürtig, in Frankreich ausgebildet, verströmt er in Arien von Händel und Purcell warmen Mezzo-Schmelz, Gefühl pur bis in die gespannten Fingerspitzen. Technisch kann er zwar nicht immer mit den Barock-Spezialisten mithalten, wie das etwas atemknappe „Agnus Dei“ von Bach, mancher raue oder belegte Ton beweist. Dafür entwickelt di Falco in den „Canciones negras“ von Xavier Montsalvatge ein einfühlsames Chanson-Timbre und scheut auch vor einem bluesigen „Amazing Grace“ nicht zurück. Crossover der stimmigeren Art, persönlich in jedem Ton, an welcher der hochsensible Klavierpartner Efrem Garcia i Salinas seinen diskreten Anteil hat.

Isabel Herzfeld

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