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Kultur: Pariser Lieben

Katharine Mehrling in der Bar jeder Vernunft.

Zunächst ist da nur das Knistern einer alten Schallplatte. Dann setzt, geisterhaft aus dem Off, ein nostalgisch klimperndes Piano ein. Nach und nach füllt sich schließlich die Bühne der Bar jeder Vernunft, Gitarre, Bass, Schlagzeug und Klavier finden zu einem Chanson zusammen – und dann ist sie endlich da: Katharine Mehrling, im kleinen Schwarzen, die blonden Haare hochgesteckt. Auf wie vielen Bühnen der Stadt wurde sie als Universal-Singschauspielerin nicht schon gefeiert: an der Komischen Oper, im Wintergarten, im Renaissance- und Schlossparktheater – und immer wieder im Spiegelzelt. Fans und Freunde drängen sich nun auch am Mittwoch im Vielzukleinod auf dem Wilmersdorfer Parkdeck und erwarten Besonderes.

Ganz sacht gleitet die Musik ins Jazzige hinüber, ein sexy Schulterzucken, zwei laszive Hüftschwünge von Mademoiselle Katharine, und der Swing ist da, der lässige Großstadtrhythmus. „Piaf au Bar“ nennt la Mehrling ihr neues Programm. Das ist natürlich keine „Spatz von Paris“-Hommage, kein Medley der größten Edith-Hits. Sicher, Katharine Mehrling gebietet über die authentischen Piaf- Klangfarben, sie hat das Rauchige, das Derbe für die Lieder über kleine Leute und ihre Vorstadtträume, und natürlich auch die prächtigen Töne für die ganz großen Gefühle. Aber sie würde sich niemals mit der simplen Imitation begnügen. Sehr eigen sind ihre Interpretationen, manchmal auch eigensinnig. „Milord“ singt sie auf Deutsch, es gibt eine Scat-Version von „La vie en rose“, und nicht jeder Musettewalzer muss hier zwangsläufig schunkelig klingen: „L’Accordéoniste“, das Kreiseligste aller Piaf- Chansons, wechselt darum einfach mal in den Vier-Viertel-Takt.

Wie improvisiert streut Katharine Mehling Anekdoten zu Ediths Amouren wie auch aus ihrem eigenen Diva-Leben ein, und wenn die gesungenen Liebesgeschichten zwischendurch mal allzu sentimental werden, fegt sie die Postkartenidylle mit ein paar frechen Sätzen zur Seite. Glotzt nicht so romantisch! Auch in Montmartre sind die Straßen nicht aus Luft und Liebe gemacht, sondern aus harten Pflastersteinen. Frederik Hanssen

Noch einmal heute, 20 Uhr.

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