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Kultur: Passion und Rendite

Anleitung zum Sammeln: Neue Bücher bieten Orientierungshilfen für Einsteiger

Von Eva Karcher

Schon die Titel der beiden Bücher wirken wie zwei Paar Fäuste kurz vor dem Boxkampf: „Ziviler Ungehorsam“ trifft auf „Die Wohltat der Kunst“, männlicher „Klartext“ auf weibliche Zwischentöne. Harald Falckenberg, Autor der erstgenannten Publikation, gilt als einer der eigenwilligsten Sammler von Gegenwartskunst, die Kollektion zeitgenössischer Kunst der Münchnerin Ingvild Goetz besitzt aufgrund ihres Umfangs und ihrer Qualität Weltruf.

Während Falckenberg in seiner essayistischen Schrift „den aktuellen Stand und die Rahmenbedingungen der Kunst“ erörtert, diskutiert Goetz in dem Band, der eine Ausstellung in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden mit Arbeiten aus ihrer Sammlung begleitet, „post/feministische Positionen der neunziger Jahre“ (bis 10. November). Männlicher Rundumschlag gegen weibliche Feinnervigkeit? Sammeln die Herren der Schöpfung anders? Ja, meint Ingvild Goetz: „Wir sind weniger auf Außenwirkung bedacht.“ Das starke Geschlecht nämlich will, wie Hans Grothe, ein anderer Großsammler der Nation, offen zugibt, am liebsten Trophäen vorführen: „Ich möchte mit meiner Sammlung vor allem angeben.“

Ob und wie derartige chromosomenabhängige Neigungen auch den Markt beeinflussen, ist leider in keiner der zahlreichen Neuerscheinungen zum Thema Art-Investment nachzulesen. Stattdessen bemühen sich die Autoren darum, gleichermaßen Nachhilfe für Neueinsteiger zu geben, als auch Experten eine Erweiterung ihres Fachwissens zu bieten. Die schiere Quantität der Publikationen – es sind immerhin ein halbes Dutzend allein auf dem deutschsprachigen Markt – lässt darauf schließen, dass Kunst populärer denn je ist und mit ihr der Markt, der Passion und Rendite verbindet. Die Zeit scheint reif, so offen wie möglich über die untrennbare Verknüpfung von ideellem und materiellem Wert zu reden. Denn der Kunstmarkt ist zum global vernetzten Big Business geworden, das sich, allen Schwächen der Wirtschaft trotzend, derzeit noch beneidenswert stabil behauptet.

Kunst ist inzwischen ein Teil des Lifestyle, auch das ist ein wichtiger Faktor für den aktuellen Höhenflug des Marktes. Wie über angesagte Modelabels informieren sich die neuen „art consumer“ auch über Angebote in diesem Bereich immer detaillierter. Die steigenden Besucherzahlen von Großveranstaltungen wie der Documenta oder den internationalen Kunstmessen spiegeln diesen Zeitgeist ebenfalls wider. Folge des Trends ist die wachsende Transparenz des Marktes. Eine Entwicklung, die den Handel auf jeder Bedeutungsebene des Wortes bereichert.

Kein Wunder also, dass auch der Fachbuchhandel eingestiegen ist. Mit unterschiedlichem Tiefgang. So liefert „Art-Investor“, ein „Handbuch für Kunst und Investment“, eine Sammlung von zum Teil zu sehr im Fachjargon geschriebenen Spezialistenaufsätzen, die in ihrer Auswahl beliebig wirken und eher der Selbstdarstellung der Herausgeber und Autoren als dem Leser dienen. Kaum größeren Nutzwert bietet der „KUNSTinvestment GUIDE“ von Thomas González, der nach einer oberflächlichen Einführung als „Marktanalysen“ etikettierte Zahlenkolonnen von 101 aktuellen Preisangaben bringt, die über jede Datenbank abrufbar sind – mit dem Vorteil der ständigen Aktualisierung.

Flott, das Adjektiv drängt sich auf, präsentiert sich der als „Guide“ ausgewiesene Band „Fit für den Kunstmarkt“ von Claudia Herstatt, den die ZEIT-Kolumnistin heute um 12.30 Uhr auch auf dem Art Forum Berlin vorstellt. Sie will vor allem Einsteiger ansprechen und ihnen im handtaschentauglichen Format die Kunst wie in einem Gourmetführer schmackhaft machen. Appetitanregend werden Konzepte bedeutender Sammlungen vorgestellt, wichtige Messen und Auktionen charakterisiert und aktuelle künstlerische Strategien aufgelistet.

Wer sich noch fundierter in die Geheimnisse des Kunstbetriebs vertiefen möchte, dem ist das Buch „Richtig in Kunst investieren“ der Focus-Redakteurin Gabi Czöppan zu empfehlen. Klar und spannend geschrieben, fundiert in der Analyse, mit Zahlen und Fakten, kenntnisreichen Beispielen und amüsanten Anekdoten, praxisnahen Interviews von Schlüsselfiguren des Markts und einem ausführlichen Serviceteil erfüllt diese Publikation alle Kriterien eines Ratgebers sowohl für Insider als auch für Newcomer.

Gabi Czöppan „Richtig in Kunst investieren“, Verlag Moderne Industrie, München 2002, 36 Euro. Harald Falckenberg „Ziviler Ungehorsam. Kunst im Klartext“, 2002, Statement-Reihe, Verlag Lindinger + Schmid, Regensburg, 17,80 Euro. Thomas González „KUNSTinvestment GUIDE“, 2002, Volkverlag, München, 39,90 Euro. Claudia Herstatt „Fit für den Kunstmarkt“, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit, 12,80 Euro. Lothar Pues, Edgar Quadt, Rissa (Hrsg.) „Art-Investor. Handbuch für Kunst und Investment“, 2002, FinanzBuch Verlag, München, 64,90 Euro. Rainald Schumacher, Matthias Winzen (Hrsg.): „Die Wohltat der Kunst. Postfeministische Positionen der neunziger Jahre aus der Sammlung Goetz“, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln, 28 Euro.

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