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Gut gegelt. Theo Hutchcraft. Foto: dpa

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Kultur: Pathos & Plastik Die englischen Popper

Hurts in der C-Halle

Von Jörg Wunder

Wer glaubt, dem Achtziger-Revival müsse langsam die Puste ausgehen, dürfte sich am Samstagabend beim Konzert von Hurts in der seit Wochen ausverkauften C-Halle gewundert haben. Es scheint vor allem in Deutschland eine ausgeprägte Retro-Sehnsucht nach ungebrochenem Synthiepop-Bombast zu geben. Das Duo aus Manchester bedient sie perfekt. Im Publikum überwiegen heterosexuelle Paare zwischen 25 und 45, bei denen die Initiative zum Konzertbesuch meist vom weiblichen Teil ausgegangen zu sein scheint: Während die Frauen begeistert mitsingen, signalisieren manche Männer durch augenrollende Blickkontakte ironische Distanz zum Geschehen. Die Musik von Sänger Theo Hutchcraft und Keyboarder Adam Anderson, die auf der Bühne von vier meist reglos agierenden Instrumentalisten und einem befrackten Opernsänger unterstützt werden, klingt nicht nach augenzwinkerndem Zitatpop, sondern nach ernsthafter Arbeit und emotionaler Überwältigung.

Jeder Song will eine Hymne sein, und irgendwo zwischen Nino De Angelis’ „Jenseits von Eden“, Alphavilles „Forever Young“ und den kitschigsten Momenten von Tears For Fears gelingt das wohl auch. Theo Hutchcraft hat sich dazu ein effektives Gestenrepertoire angeeignet. Wenn er nicht weiße Rosen ins Publikum wirft, deklamiert er mit ausladenden Armbewegungen oder beugt theatralisch das Haupt auf den Mikrofonständer. Sein perfekt sitzender Anzug und das pomadisierte Haar sind Teil der sorgfältig inszenierten Bandlegende: Angeblich versuchten Hutchcraft und Anderson vor Jahren ihrem Arbeitslosendasein Glamour zu verleihen. Damit ist es nun endgültig vorbei, denn selbst das lediglich routinierte Abspulen ihres knapp einstündigen Plastikpop-Repertoires, aus dem die Hitsingle „Wonderful Life“, das operettenhafte „Verona“ und der Pathosbrecher „Devotion“ herausragen, sorgt für heftigen, wenn auch rasch verklingenden Jubel. Jörg Wunder

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