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PAUKEN & Trompeten: Besuch vom Ex

Wenn ein Dirigent seine Stelle kündigt, gibt es in Berlin normalerweise zwei Fraktionen: Die einen behaupten, sie hätten ja schon immer gewusst, dass Maestro X ein grauenhafter Taktschläger sei. Die anderen dagegen jammern und sehen mit dem Abgang das Ansehen der Stadt als Klassikmetropole schwer erschüttert.

Wenn ein Dirigent seine Stelle kündigt, gibt es in Berlin normalerweise zwei Fraktionen: Die einen behaupten, sie hätten ja schon immer gewusst, dass Maestro X ein grauenhafter Taktschläger sei. Die anderen dagegen jammern und sehen mit dem Abgang das Ansehen der Stadt als Klassikmetropole schwer erschüttert. Bei Christian Thielemann war das so, bei Kent Nagano nicht anders und zuletzt auch bei Ingo Metzmacher.

Nur als Kirill Petrenko ging, waren sich alle einig: Als Chef der Komischen Oper hatte er sich in die Herzen aller Klassikfans dirigiert. Das hat natürlich einerseits damit zu tun, dass die Energie, mit der Petrenko seine Aufgabe wahrnahm, Respekt abnötigte: In seinen fünf Jahren am Haus dirigierte er so viele Abende wie sonst kaum ein Generalmusikdirektor. Als Petrenko nach seinem Abschied aus Berlin verkündete, dass er erst mal kein festes Engagement annehmen würde, weil er sich von seinem anstrengenden Chefjob erholen müsse, war das sicher keine Ausrede. Andererseits war es aber auch die Art, wie Petrenko Musik machte: Da war kein Dirigent am Werk, der sich der Musik von außen her über eine subjektive Vorstellung von ihrer Bedeutung her näherte, sondern einer, der Reflexion und Stilbewusstsein mit einer ganz elementaren Musikalität zu vereinen wusste. Und noch dazu jemand, der bei aller Präzision am Abend auch die Spontaneität zuließ, die ein Stück oft erst lebendig macht.

Deshalb „konnte“ Petrenko Mozart ebenso gut wie Puccini und Strauss, während seine Kollegen neben großen Abenden manchmal eben auch Langeweile produzierten. An der Behrenstraße dürften also schon die Kränze gewunden werden, um Petrenko wieder zu begrüßen: Für ein Sinfoniekonzert kehrt der Maestro am Freitag an sein altes Haus zurück. Mit Beethovens „Pastorale“ und Skriabins „Promethée“ ist das Programm petrenkotypisch: Wiener Klassik und die Musik der Jahrhundertwende sind die Eckpfeiler seines Repertoires. Und inzwischen hat er sich von seinem Chefjob auch so gut erholt, dass er 2013 an die Bayerische Staatsoper gehen wird. Hoffentlich wissen die dort, was sie bekommen.

Jörg Königsdorf

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