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PAUKEN & Trompeten: Das Auge leidet mit

Kann es sein, dass eine Opernsängerin zu gut aussieht? Bis vor kurzem hätte man diese Frage vermutlich glattweg verneint.

Kann es sein, dass eine Opernsängerin zu gut aussieht? Bis vor kurzem hätte man diese Frage vermutlich glattweg verneint. Zwar hat das Regietheater mit seinem optischen Glaubwürdigkeitsanspruch dafür gesorgt, dass das Diven- Durchschnittsgewicht selbst im „schweren“ Wagner- und Verdi-Fach um einiges gesunken ist. Die Wuchtbrummen-Walküren und singing cows sind inzwischen schon eher die Ausnahme, auch weil viele Häuser übergewichtige Sängerinnen gar nicht mehr engagieren und die Betroffenen so zum Abspecken gezwungen haben. Prominentestes Beispiel – und Vorbild – war die US-Diva Deborah Voigt, deren wundersame Verschlankung auch schon in Berlin zu bestaunen war. Aber zu gut aussehen?

Bei der Premiere von Glucks „Armida“ an der Komischen Oper im vergangenen Jahr war genau das der springende Punkt: Maria Bengtsson warf sich zwar mit Inbrunst in die Rolle der Business-Domina, doch echten Leidensdruck wollte man ihr nicht wirklich abnehmen. Mit so einer Superfrau verscherzt man es sich nicht, und wenn einer schon so blöd ist wie ihr Bühnenpartner Rinaldo, würden seine Kumpane eher die Chance nutzen, die Verlassene zu trösten, statt sich an ihr zu rächen. Insofern ist es vielleicht gar nicht von Nachteil, dass bei der Wiederaufnahme am Mittwoch eine andere Armida auf der Bühne steht: Zwar hat auch Caroline Melzer eine bella figura, doch mit ihrer Cordelia in Aribert Reimanns „Lear“ hat sie gerade gezeigt, dass sie auf der Bühne auch gut das hilflose Opfer mimen kann.

Jörg Königsdorf

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