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PAUKEN & Trompeten: Das hässliche Entlein

Fast klingt die Geschichte von dem wundersamen Aufstieg der Bratsche wie das Märchen vom hässlichen Entlein, das zum schönen Schwan wurde: Nachdem das Instrument lange hauptsächlich für doofe Witze und unauffällige Mittelstimmen gut war, ist die Bratsche in den letzten Jahren zum neuen Star der Klassikszene geworden. Kaum ein Monat vergeht, in dem nicht ein BratschenSupertalent am Horizont erscheint: Lawrence Powers, Maxim Rysanov, David Aaron Carpenter und Nils Mönkemeyer sind nur die Spitze einer Bratschergeneration, die selbstbewusst auf die Podien drängt und den Geigern Konkurrenz macht.

Fast klingt die Geschichte von dem wundersamen Aufstieg der Bratsche wie das Märchen vom hässlichen Entlein, das zum schönen Schwan wurde: Nachdem das Instrument lange hauptsächlich für doofe Witze und unauffällige Mittelstimmen gut war, ist die Bratsche in den letzten Jahren zum neuen Star der Klassikszene geworden. Kaum ein Monat vergeht, in dem nicht ein BratschenSupertalent am Horizont erscheint: Lawrence Powers, Maxim Rysanov, David Aaron Carpenter und Nils Mönkemeyer sind nur die Spitze einer Bratschergeneration, die selbstbewusst auf die Podien drängt und den Geigern Konkurrenz macht.

Dass die großen Komponisten der Viola nur ein karges Repertoire hinterlassen haben, ist dabei kein Manko, sondern ein Anlass zur Selbsthilfe: Weil beispielsweise der Brite Edward Elgar zwar wunderbare Konzerte für Violine und Cello, aber eben keines für Bratsche hinterlassen hat, münzte der Amerikaner Carpenter kurzerhand das Cellokonzert für sein Instrument um – und siehe da: Elgars besonderer Tonfall aus Noblesse und untergründiger Melancholie passt zur distinguierten Wehmut des Bratschentons wie angegossen. Und mehr noch: Weil sich Bratscher im Gegensatz zu Geigern und Cellisten nicht an Generationen großer Vorbilder messen müssen, können sie vergleichsweise unverkrampft und frisch loslegen. Lieblingsobjekt solcher Transkriptionen ist natürlich die Barockmusik – allein weil jeder Werkpirat sich immer mit der liberalen Transkriptionspraxis von Bach, Händel und Co. rechtfertigen kann: Deutschlands Bratschenwunder Nils Mönkemeyer etwa tourt mit Arrangements aus Bach-Kantaten durch die Lande, und Tabea Zimmermann kombiniert auf ihrer neuen, sehr schönen Solo-CD (myrios classics) die drei original für Bratsche geschriebenen Suiten Max Regers mit der Bearbeitung von zwei Bach’schen Cellosuiten.

Insofern liegt das Konzerthaus mit seinem Artist in residence voll im Trend: Der 30-jährige Franzose und ehemalige Zimmermann-Schüler Antoine Tamestit ist einer der wichtigsten Vertreter der Bratscherphalanx und durfte beispielsweise vor drei Jahren das erste Bratschenrecital überhaupt im New Yorker Lincoln-Center geben. Dabei ist der Franzose gar keine charismatische „Rampensau“, sondern beeindruckt vor allem durch sein facettenreiches Spiel und seinen Willen, mit anderen Musik zu machen. Das prädestiniert Tamestit zum Kammermusiker, und deshalb wundert es auch nicht, dass er sich bei seinem Konzertprogramm am Freitag im kleinen Saal des Konzerthauses bescheiden unter die Kollegen des Konzerthausorchesters einreiht: Auf dem Programm des Abends stehen mit Mozarts g-MollStreichquintett und Tschaikowskys für sechs Streicher geschriebenem „Souvenir de Florence“ zwei Stücke, die alle Musiker lieben, die aber viel zu selten zu hören sind.

Jörg Königsdorf

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