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PAUKEN & Trompeten: Der Ton macht die Musik

Gemeinsame Auftritte von Sängern und Schauspielern sind oft von einem quälenden Konkurrenzverhältnis überschattet. Während die ersteren allein durch ein paar schöne oder auch nur laute Töne beim Publikum absahnen können, scheinen die letzteren ihren Wettbewerbsnachteil dadurch kompensieren zu wollen, dass sie in den gesprochenen Zeilen eine besondere Kunstfertigkeit unter Beweis stellen.

Gemeinsame Auftritte von Sängern und Schauspielern sind oft von einem quälenden Konkurrenzverhältnis überschattet. Während die ersteren allein durch ein paar schöne oder auch nur laute Töne beim Publikum absahnen können, scheinen die letzteren ihren Wettbewerbsnachteil dadurch kompensieren zu wollen, dass sie in den gesprochenen Zeilen eine besondere Kunstfertigkeit unter Beweis stellen.

Das geht natürlich meist nach hinten los und wird peinlich: Wenn etwa liebenswürdige Zeilen aus dem Briefwechsel eines Komponisten plötzlich zu delirierenden Rezitativen ohne Begleitung mutieren und harmlose Abschiedsfloskeln mit schwer atmenden Kunstpausen oder schneidendem Ton zu bitteren Lebensabschieden hochgefönt werden. Woraus man allerdings schon ersieht, dass es offenbar doch nicht so einfach ist, für solche Veranstaltungen den richtigen Ton zu finden.

Bei Dominique Horwitz braucht man sich da allerdings keine Sorgen zu machen. Erstens dürfte der 52-Jährige schon allein deshalb gegenüber dem gesungenen Wort ziemlich komplexfrei sein, weil er sich selbst quasi eine Zweitkarriere als Sänger aufgebaut hat – in der „Dreigroschenoper“ oder auch mit seinem Brel-Programm. Und dann hat Horwitz in diesem Metier inzwischen eben auch mehr Erfahrung als die meisten seiner Kollegen.

Gerade ist eine CD erschienen, die das an einem besonders heiklen Projekt bestätigt: Für eine Rekonstruktion von Bachs Markuspassion übernahm Horwitz die verbindenden Sprechpassagen, die die verloren gegangenen Rezitative ersetzen. Sein Ton ist von leicht knarziger Prägnanz und Persönlichkeit, fordert Aufmerksamkeit ein, balanciert das emotionale Engagement mit der Distanz eines Kommentators. Auch musikalisch ist die Aufnahme des Carus-Verlags aus der Dresdner Frauenkirche übrigens absolut hörenswert: In Kammerbesetzung wird die Leidensgeschichte zu einer überraschend intimen Angelegenheit und hat kaum etwas von dem Spektakelhaften der beiden erhaltenen großen Bachpassionen.

Die Aufgabe, die sich Horwitz am Freitag vorgenommen hat, dürfte ihm noch leichter fallen: Bei der Schauspielmusik zum „Egmont“, die das Orchester der Komischen Oper im Rahmen seines vierten Sinfoniekonzerts (neben Schuberts großer C-Dur-Sinfonie) spielt, können Goethes Verse erstens mit der Musik Beethovens gut mithalten – und zweitens hat die beteiligte Sängerin hier nicht so viel zu tun, als dass sie eine ernsthafte Konkurrenz wäre. Dirigieren wird das Programm in der Komischen Oper übrigens der Cellist Heinrich Schiff, der nach seinem „Fidelio“-Totaldesaster vor einigen Jahren an der Deutschen Oper nun zeigen darf, dass er eigentlich doch ein ganz guter Beethovendirigent ist.

Jörg Königsdorf

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