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PAUKEN & Trompeten: Die einsame Königin

Jörg Königsdorf geht auf Orgelreise

Die Vernachlässigung ihres Instrumentes dürfte für Organisten eine Quelle latenter Frustration sein: Schon Mozart und Haydn hatten die „Königin der Instrumente“ ja eher lustlos behandelt, doch von Beethoven an ließen gerade die größten Komponisten die Orgel links liegen und widmeten sich lieber ihrem neuen Lieblingsspielzeug, dem Sinfonieorchester. Brahms: nicht der Rede wert. Debussy und Ravel: Fehlanzeige. Wagner und Mahler: dito. Selbst Bruckner, der als Linzer Domorganist sozusagen am dichtesten dran war, hinterließ für sein Instrument nur ein bisschen Kleinkram und nur Mendelssohn und Liszt fühlten sich aus religiösen Gründen zu einer größeren Bringschuld an Orgelstücken verpflichtet.

Wie immer in solchen Fällen ist die Vernachlässigung durch die Genies die Chance der Spezialisten aus der zweiten Reihe, und auch bei den Konzerten des Orgelsommers im Berliner Dom stehen immer eine ganze Menge dieser 1B-Komponisten auf dem Programm. In diesem Jahr noch mehr als sonst, weil der Leitfaden der acht Samstagabendkonzerte eine europäische Orgelreise ist: Bei norwegischer Orgelliteratur des 20. Jahrhunderts etwa dürften vermutlich etliche hiesige A-Organisten passen. Auch der Schweizer Spätromantik-Spezialist Olivier Eisenmann wartet mit einer Trouvaille auf: Im Zentrum seines alpenländischen Programms stehen die 1921 veröffentlichten „Sieben Pastelle vom Bodensee“ des vor allem für seine Harmonium-Werke bekannten Sigfrid Karg-Elert, die mit Titeln wie „Die Seele des Sees“ und „Landschaft im Nebel“ stimmungsvolle Naturmystik versprechen (Sa, 12. Juli, 20 Uhr).

Jörg Königsdorf

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