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PAUKEN & Trompeten: Maestro mit Mikro

Jörg Königsdorf über Amerikas besten Musikvermittler

Wenn Michael Tilson Thomas aufs Podium tritt, kann es gut sein, dass er zuerst gar nicht zum Taktstock greift, sondern zum Mikrofon. So gut wie wohl kein anderer seiner Kollegen seit Bernstein versteht der Chef des San Francisco Symphony Orchestra die Kunst, ein Publikum neugierig auf unbekannte Töne zu machen. Kein Wunder, dass das kommunikative Talent des Dirigenten inzwischen auch medial verwertet wird: In der DVD-Reihe „Keeping Score“ erläutert Tislon Thomas Werke wie Beethovens „Eroica“ oder Strawinskys „Sacre du printemps“ auf die gleiche, erfrischend unverkrampfte, aber dennoch nicht oberflächliche Art – das derzeit wohl beste Einstiegsangebot in Klassische Musik.

Das Ganze funktioniert natürlich nur, weil die musikalische Qualität der Konzerte für die nötige Nachhaltigkeit sorgt. Unter Tilson Thomas hat das Orchester sich neben Chicago und Philadelphia, Cleveland und Boston in der ersten Reihe etabliert. Vor allem der im Selbstverlag erschienene Mahler-Zyklus, eigentlich nur für das regionalen Abonnentenpublikum gedacht, wurde von der US-Kritik enthusiastisch gefeiert, die Aufnahme der siebten Sinfonie erhielt im vergangenen Jahr beispielsweise gleich zwei Grammys.

Ihre Interpretation der Siebten präsentieren Tilson Thomas und sein Orchester auch am Mittwoch bei ihrem Auftritt im Rahmen des Berliner Musikfests. Und weil vorneweg in der Philharmonie Charles Ives’ dritte Sinfonie „The Camp Meeting“ gespielt wird, kann es ja nicht schaden, dem Maestro auch noch ein Mikrofon aufs Pult zu legen.

Jörg Königsdorf

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