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PAUKEN & Trompeten: Und die Oboe im Bolero

Man könnte Jos van Immerseel den Sherlock Holmes der Alte-Musik-Szene nennen: Mit geradezu detektivischer Gründlichkeit recherchieren der Flame und sein Orchester Anima Eterna die Uraufführungsbedingungen jedes der von ihnen gespielten Werke, um den Klangvorstellungen des Komponisten möglichst nahezukommen. Welchen Celesta-Klang hatte Tschaikowsky für seinen „Nussknacker“ im Ohr?

Man könnte Jos van Immerseel den Sherlock Holmes der Alte-Musik-Szene nennen: Mit geradezu detektivischer Gründlichkeit recherchieren der Flame und sein Orchester Anima Eterna die Uraufführungsbedingungen jedes der von ihnen gespielten Werke, um den Klangvorstellungen des Komponisten möglichst nahezukommen. Welchen Celesta-Klang hatte Tschaikowsky für seinen „Nussknacker“ im Ohr? Wie hoch war der Kammerton im Wien der Schubertzeit? Wie klang die Oboe in der Uraufführung des „Bolero“? Bei all den Forschungsergebnissen, die in den letzten zehn Jahren auf CD erschienen sind, ist fast in Vergessenheit geraten, dass Immerseel eigentlich Spezialist für historische Tasteninstrumente ist. Bei seinem Gastspiel anlässlich der 21. Berliner Tage für Alte Musik setzt er sich nun wieder ans Cembalo: Vom französischen Barockmeister Jacques Duphly bis zum sturmdrängerischen Bachsohn Carl Philipp Emanuel reicht das Programm, das er am Samstag im Konzerthaus vorstellt. Den Kampf für den Einsatz historischer Instrumente im romantischen Kernrepertoire fechten derweil andere aus: Sergej Istomin zum Beispiel, der Solocellist von Anima Eterna, der mit der Pianistin Viviana Sofronitzki am Freitagnachmittag das Eröffnungskonzert der alljährlich stattfindenden Fachmesse im Konzerthaus bestreitet: Ihr Chopinprogramm ist schon deshalb interessant, weil der helle Klang historischer Hammerflügel viel besser mit Streichern harmonisiert als der Sound moderner Konzertflügel und die ausgeglichene Kräfteverteilung einen ganz anderen Dialog ermöglicht.

Jörg Königsdorf

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