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Pauken und Trompeten: Viva la Diva

Leider war die "Queen of Baroque" bislang kaum je in Berlin zu hören. Jörg Königsdorf begrüßt die Königin des Barock

Cecilia Bartoli ehrte Maria Malibran, Philippe Jaroussky feierte Carestini und Vivica Genaux zollte Farinelli Tribut – seit einigen Jahren haben die Opernsänger die Traditionspflege entdeckt und widmen ihre Recitals und CDs nicht mehr nur den Komponisten, sondern auch den Interpreten der Vergangenheit. Was auf den ersten Blick wie der Versuch wirkt, durch ein ungewöhnliches Konzept Aufsehen auf dem darbenden Klassikmarkt zu erregen, ist oft eine Herzensangelegenheit. So sammelt La Bartoli seit Jahren alle Malibran-Devotionalien, die ihr in die Finger kommen, und zeigte eine Auswahl davon in einem Museums-Lkw, der sie bei ihrer Malibran-Tour durch Europa begleitete. Und Super-Countertenor Jaroussky verbrachte acht Jahre in den Bibliotheken Europas, bis er die Arien für sein Carestini-Album zusammen hatte.

Ganz uneigennützig ist diese Leidenschaft natürlich trotzdem nicht, denn meist suchen sich die Goldkehlen von heute genau die Sänger als Vorbilder, die ihnen stimmlich am nächsten kommen. Im Falle von Simone Kermes ist das Alter Ego die vor allem als Händel-Interpretin bekannt gewordene Sopranistin Francesca Cuzzoni, die neben ihrem dramatischen Bühnentalent und einem ausgeprägten Divenbewusstsein offenbar auch über eine wahnwitzige Virtuosität verfügte.

Passt also perfekt, denn in der internationalen Opernszene dürfte es derzeit kaum eine Sängerin geben, die eine ähnlich geläufige Gurgel besitzt wie die Leipzigerin: Die beiden Vivaldi-Alben beispielsweise, die Kermes vor einiger Zeit mit dem Venice Baroque Orchestra veröffentlichte, sind von einer schon fast beängstigenden Virtuosität, und auch das Cuzzoni-Album, das Kermes zum Händel-Jahr mit der Berliner Lautten Compagney vorgelegt hat (Berlin Classics), bleibt dem großen Vorbild technisch wie emotional nichts schuldig.

Ohnehin ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Primadonnen des Barock ähnlich gesungen und geklungen haben wie Kermes. Soll heißen, dass sie nicht in erster Linie durch lyrisches Timbre und cremige Tongebung charmierten, sondern ihre Stimmen eher schlank und instrumental hielten. Johann Joachim Quantz etwa, der Flötenlehrer Friedrichs des Großen, bescheinigte Cuzzoni 1727 „eine helle Sopranstimme, reine Intonation und schöne Triller“.

Leider war die „Queen of Baroque“ (so die US-Presse) bislang kaum je in Berlin zu hören – die Idee der Lautten Compagney, Kermes zur Eröffnung ihrer Jubiläumssaison aus Anlass des 25. Ensemblegeburtstags einzuladen, füllt mithin eine Lücke. Auf dem Programm stehen am Mittwochabend um 20 Uhr in der Basilika des Bode-Museums im Wesentlichen die Arien des Cuzzoni-Albums, also Stücke aus Händel-Opern wie „Giulio Cesare“, „Rodelinda“ und „Admeto“.

Jörg Königsdorf

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