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Kultur: Pendler-Pauschale: "Das Benutzen des Autos wird gefördert"

Karl-Otto Schallaböck (52) ist Verkehrsexperte des Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt und Energie.Beim SPD-Kompromissvorschlag zur Entfernungspauschale sollten Autofahrern weiterhin höhere Steuerentlastungen gewährt werden, als Nutzern des Nahverkehrs.

Karl-Otto Schallaböck (52) ist Verkehrsexperte des Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt und Energie.

Beim SPD-Kompromissvorschlag zur Entfernungspauschale sollten Autofahrern weiterhin höhere Steuerentlastungen gewährt werden, als Nutzern des Nahverkehrs. Welche Folgen für den Verkehr hätte das?

Es ist nicht nachvollziehbar, wenn Personen, die größere Distanzen fahren, nicht nur absolut, sondern auch per Kilometer mehr Geld bekommen sollen. Zwar wächst die absolute Größe der Kosten mit der Entfernung - aber jeder zusätzliche Kilometer wird proportional billiger. Sodass im Endeffekt das häufige Benutzen des Autos für lange Strecken gefördert wird, während Kurzstrecken bis zehn Kilometer weniger gefördert werden - was angesichts der realen Kosten eigentlich genau umgekehrt sein müsste.

Welche Effekte hätte die von den Grünen geforderte einheitliche Pauschale?

Man hätte bei einer einheitlichen Förderung aller Verkehrsmittel, wie sie vorher verabredet war, eine gewisse Umorientierung in der Bevölkerung erreichen können. Viele Menschen wären durch diesen Impuls von außen vielleicht zum Nachdenken gebracht worden. Sie hätten noch einmal probiert, ob sie nicht auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren können. Das wäre volkswirtschaftlich und aus Umweltgründen von Vorteil gewesen. Der Anreiz zum Nachdenken ist durch den Kompromissvorschlag jetzt maßgeblich gedämpft.

Bleibt beim SPD-Vorschlag der ökologische Anspruch der Pauschale, wie sie im Koalitionsvertrag vereinbart war, auf der Strecke?

Die Gefahr besteht ohne Zweifel. Die gestufte Variante beinhaltet eben nicht mehr den Appell zum Umsteigen. Zumal ja erwogen wird, Benutzer von Pkws pauschal zu entlasten, ohne dass die Kosten wirklich entstehen müssen - während die geplanten 60 Pfennig öffentliche Verkehrsmittel bis zur Höhe der nachgewiesenen Kosten geltend gemacht werden können.

Wie müsste aus Ihrer Sicht eine Entfernungspauschale geregelt sein, um die Bürger zu entlasten und gleichzeitig eine ökologische Verkehrspolitik zu fördern?

Es wäre zum Beispiel denkbar, dass man die jeweils billigste vorhandene Verkehrsmöglichkeit steuerlich abfedert. Und wenn jemand dort, wo es ein gutes Bus- oder Straßenbahnnetz gibt, trotzdem mit dem Auto fahren will, dann muss er die Mehrkosten eben selber zahlen. Kurzfristig wäre es aber am sinnvollsten, wenn jeder Verkehrsteilnehmer die gleiche Pauschale geltend machen kann. Das wäre sozial- und umweltverträglich und dabei am einfachsten zu verwalten. Langfristig gibt es allerdings keinen Grund, das Zurücklegen von Entfernung staatlich zu fördern. Im Verlauf von 20 oder 25 Jahren sollte man ganz von Entfernungspauschalen und Kilometergeldregelungen im Einkommensteuerrecht wegkommen.

Beim SPD-Kompromissvorschlag zur Entfernungspausch

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