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Zielsicher. Der Elbenkrieger Legolas (Orlando Bloom) hat den Bogen raus.

© Warner Bros.

Peter Jacksons Film "Hobbit": Das große Umlegen

Peter Jackson beendet seine „Hobbit“-Trilogie mit einer schier endlosen „Schlacht der fünf Heere“.

Von Jörg Wunder

Der Geldberg, den Peter Jackson mit seinen bislang fünf Filmen nach Buchvorlagen von J.R.R. Tolkien erwirtschaftet hat, dürfte nicht viel kleiner sein als der sagenhafte Goldschatz, um den sich die Handlungszweige in Jacksons zweiter Tolkien-Trilogie „Der Hobbit“ ranken. Und die nächste Dollareinspielmilliarde wird vermutlich nur Wochen auf sich warten lassen. Jetzt wird, rechtzeitig zum Weihnachtskinogeschäft, mit „Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere“ die letzte Fortsetzung der Mittelerde-Abenteuer weltweit auf Tausenden von Leinwänden gezeigt. Ohne dass, wie vor einem Jahr, eine Überraschungskonkurrenz wie „Fack ju Göhte“ in Sicht wäre.

Angefixt durch die beiden ersten Hobbit-Teile wird die Legion der Tolkien-Fans wieder ins Kino strömen. Und man will ja auch sehen, wie Jackson es schafft, aus dem kümmerlichen Rest, also aus den letzten 50–60 Seiten eines 300-seitigen Kinderbuchs noch einen zweieinhalbstündigen Monumental-Fantasy-Schinken herauszupressen.

Denn eigentlich ist der spannendste Abschnitt der Geschichte bereits erzählt: Die Zweckgemeinschaft aus 13 heimatvertriebenen Zwergen und dem Hobbit Bilbo (Martin Freeman) hat nach vielwöchiger Wanderschaft und zahllosen Abenteuern den Drachen Smaug aus seiner Schatzkammer im ehemaligen Zwergenreich Erebor vertrieben und damit historisches Unrecht beglichen. Wobei man sich natürlich fragen könnte, wieso Smaug nicht einfach mit seinen jumbojetgroßen Fledermausschwingen zurückfliegt und mit seinem Feueratem die kümmerliche Zwergenschar aus den Katakomben pustet – wie Jahrzehnte zuvor das ganze Zwergenvolk. Stattdessen fackelt das Viech wutentbrannt die nur ein paar Flugminuten entfernte Seestadt Esgaroth ab. Dort rennet, rettet, flüchtet die (menschliche) Bewohnerschaft wild durcheinander, nur der beherzte Bogenschütze Bard (Luke Evans) rückt dem Ungeheuer mit Drachentöter-Pfeilen zu Leibe, bis das boshafte Biest vom Himmel stürzt.

Die Höllenkreaturen lassen sich verblüffend einfach niedermähen

Die überlebenden Menschen ziehen in die Ruinenstadt Thal vor den Toren von Erebor, mit dem verständlichen Hintergedanken, dass ein Teil des Goldes beim Wiederaufbau der einst blühenden Metropole helfen könnte. Und auch die Waldelben unter Führung ihres herrlich extrovertierten Königs Thranduil (Lee Pace), auf einem Riesenhirsch mit kolossalem Geweih einherreitend, hätten gern das ein oder andere geraubte Juwel zurück. Doch den Zwergenchef Thorin (Richard Armitage) hat die Drachenkrankheit gepackt: unstillbare Goldgier. Er treibt seine Mitzwerge an, den Schatz gegen die vermeintlichen Diebe zu verteidigen. Doch das sich anbahnende Blutvergießen – zur Verstärkung taucht noch eine Zwergenarmee mit Thorins Kampfschwein-reitendem Onkel Dain auf – bekommt eine andere Richtung, als eine gewaltige Orkarmee über Zwerge, Elben und Menschen herfällt.

Die titelgebende Schlacht ist lang, sehr lang, und wer dem brutalen, der FSK-ab-12-Freigabe wegen aber weitgehend unblutigen Gemetzel nichts abgewinnen kann, wird an der zweiten Filmhälfte wenig Freude haben. Jackson verwendet viel Sorgfalt auf die Massenszenen der Statisten- und Pixelheere, zeigt die schimmernden Rüstungen der Elben, die zum kompakten Block verschmelzenden Zwerge, lässt die Armeen des Bösen in endlosen Angriffswellen erstaunliche Kreaturen ins Getümmel werfen, die dann verblüffend einfach niedergemäht werden – wie in John-Ford-Western, wo bei jedem Schuss eines Kavalleristen fünf Indianer aus dem Sattel stürzen.

Und doch scheint Jackson dem dramaturgischen Sog des Schlachtganzen zu misstrauen, immer wieder verengt er die Perspektive auf individuelle Heldentaten. So ringt in einer schier endlosen Parallelmontage Thorin gegen den garstigen Ork-Anführer Azog auf einem zugefrorenen See um sein Leben, während zugleich der Elb Legolas (Orlando Bloom) auf einer einstürzenden Brücke seine Gewandtheit unter Beweis stellt. Durch die Überdehnung dieser Szenen wird „Die Schlacht der fünf Heere“ zu einer erschöpfenden Angelegenheit. Erschwerend kommt hinzu, dass all die empathiestiftenden Elemente, die man vor allem aus der „Herr der Ringe“-Trilogie kannte, beim „Hobbit“-Finale nur noch in Spurenelementen vorhanden sind: zärtliche Mesalliancen, Momente der Freundschaft, pathosgeladene Beschwörungsformeln, selbst die Cameo-Auftritte prägender „Herr der Ringe“-Figuren wie Galadriel (Cate Blanchett), Saruman (Christopher Lee) oder Elrond (Hugo Weaving) bleiben Episode. Und auch die eigentlichen Sympathieträger der Geschichte, der Zauberer Gandalf (Ian McKellen) und der Titelheld Bilbo, werden über weite Strecken zu Nebenfiguren degradiert.

Peter Jacksons finaler Tolkien-Film ist nicht der triumphale Schlusspunkt, den man erhoffen, realistischerweise aber nicht erwarten durfte. Die vorab getroffene (und betriebswirtschaftlich nachvollziehbare) Entscheidung, aus der schmalen Vorlage ein insgesamt achtstündiges Kinoepos zu generieren, führt zu einer zunehmenden Schieflage: zu viel Action, zu wenig Handlung. Zwar erweist sich der Neuseeländer auch in „Die Schlacht der fünf Heere“ als brillanter Choreograf epischer Schlachtengemälde, doch kann all sein handwerkliches Können und sein visueller Einfallsreichtum das erzählerische Vakuum nicht füllen.

In 25 Berliner Kinos

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