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Philippe Jarrousky

© Marco Borggreve

Philippe Jarrousky im Konzerthaus: Krieger, Amme, König

Der französische Countertenor Philippe Jarrousky begeistert im Konzerthaus mit seiner Wandlungsfähigkeit.

Über hundert Jahre liegen zwischen der Geburt der Komponisten Claudio Monteverdi und Georg Friedrich Händel – doch was zwischen diesen beiden Meistern sonst noch an italienischen Opern entstanden ist, steht noch immer zu sehr im Schatten ihres Schaffens. Eine Vorstellung, wie unglaublich reich diese Zeit an spannenden musikdramatischen Experimenten und veritablen Hits war, vermittelt das Konzert, mit dem der französische Countertenor Philippe Jaroussky jetzt seinen Abschied als Artist in Residence des Konzerthauses nahm.

Es ist eine Fülle an Rollen, in die er im Laufe des Abends schlüpfen wird: Jarrousky ist Krieger und Amme, großer König und komischer Diener, Verliebter, Verlassener, Eifersüchtiger und nicht zuletzt der mythische Sänger Orpheus. Ein wenig skeptisch blickt mancher vorab auf das bunte Programm, das zudem noch mit Preziosen der italienischen Instrumentalmusik des 17. Jahrhunderts angereichert ist. Doch die Sorge, der Solist und das Ensemble Artaserse könnten den roten Faden verlieren, erweist sich als völlig unbegründet.

Traumhafte Übergänge

So hervorragend sind die Nummern kombiniert, dass sie sich ohne Pause zu einem großen dramatischen Bogen fügen: Mal bildet ein weitergeführtes Bassmodell die Verbindung, dann wieder scheint der Sänger auf die zuvor geäußerte Emotion zu antworten oder ihr gar mit Ironie zu begegnen. Das im Kern knabenhafte Timbre seiner perfekt geführten Stimme kann dabei engelhafte Reinheit verkörpern, aber in Cavallis kriegerischem „All'armi mio core“ auch einmal für adoleszente Großspurigkeit stehen.

Mit Leichtigkeit wechselt Philippe Jaroussky nicht nur zwischen den Komponisten Cesti und Cavalli, Rossi, Legrenzi und Steffani, sondern schafft auch in den noch nicht schematisch angelegten, sondern oft durchkomponierten Szenen und Arien traumhafte Übergänge zwischen deklamatorischen Passagen, feinen Verzierungen, ausgedehnten Koloraturen und in die atemlose Stille gesetzten, himmlisch langen Haltetönen.

Das Ensemble Artaserse, das neben Streichern und Zupfinstrumenten auch mit zwei äußerst sauber und klar blasenden Zinkenisten aufwartet, kann die Spannung jederzeit in die instrumentale Sphäre weitertragen. Zum Schluss liefern sich Jaroussky und die Percussionistin in einer Eifersuchtsarie dann sogar ein ironisches Duell um die Gunst der Zuhörer. Diese antworten, ohne den Streit zu schlichten – einfach mit stehenden Ovationen. Carsten Niemann

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