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Philosoph des Slapsticks: Zum Tod des großen Regisseurs Blake Edwards

Eine Welt ohne Blake Edwards ist eine Welt, in der es weniger zu lachen gibt. Der amerikanische Regisseur hat Filmmomente erfunden, die zum komischsten gehören, was man sich vorstellen kann.

Man denke nur an den Kampf der Kondome aus „Skin Deep“ (1988). Im dunklen Schlafzimmer einer Frau begegnen sich unverhofft zwei Kontrahenten. Mit erigiert-wippenden Leuchtkondomen stehen sie sich auf den beiden Seiten des Bettes gegenüber. Und schon geht es – typisch Blake Edwards – drunter und drüber. Dieser Krieg der Kerle ist nicht nur eine gemeine Parodie auf die Laserschwert-Szene in „Star Wars“; sie macht in der Frühzeit der AIDS-Hysterie Werbung für die komischen Seiten des Safer Sex. Oder der Höhepunkt von „The Party“ (1968), eine weitere grandiose Sequenz: Peter Sellers ist als indischer Schauspieler Hrundi V. Bakshi aus Versehen auf der Feier eines Hollywoodregisseurs gelandet. Ohne mit der Wimper zu zucken, zerstört er dort das gesamte Schnöselinventar. Und ein angemalter Elefant trampelt fröhlich mit.

Edwards war ein Großmeister des Slapsticks und des Klamauks, der Parodie und der Travestie. Natürlich hat er auch kompletten Nonsens gedreht. Doch wer die besten seiner vielen Filme sieht, wird durchgerüttelt und -geschüttelt, als säße er in einer Achterbahn der Pointen und Gags. Wer dabei an Jahrmarktsunterhaltung und harmlose Herumwitzelei denkt, sollte sich die Filme nochmal genau vor Augen führen. Denn Edwards’ anarchischer Destruktionsdrang, seine kindliche Freude am Zerstören und Zerdeppern, legt zugleich unsere merkwürdig fetischistische Bindung an die Warenwelt bloß. Seine perfekt getimten Slapstick-Szenen verdeutlichen quasi-philosophisch, wie traumwandlerisch wir über unsere Körper verfügen – und was passiert, wenn uns die Kontrolle über den Körper entgleitet. Und die vielen Travestieszenen in Filmen wie „Victor/Victoria“ (1982) oder „Switch – Die Frau im Manne“ (1991) machen auf witzige Weise klar, wie willkürlich die streng gezogenen Geschlechtergrenzen verlaufen.

Edwards wurde am 26. Juli 1922 in Tulsa, Oklahoma geboren. Doch er war kein Mann des Hinterlands. Schon als kleiner Junge kam er nach Los Angeles, ins Zentrum der Filmwelt. Und dort gehörte er auch hin. Sein Großvater J. Gordon Edwards war ein Stummfilmpionier. Der Stiefvater arbeitete als Produktionsleiter. Schon früh stand Blake Edwards deshalb auf dem Set, arbeitete später fürs Radio und Fernsehen, wo er Western und Krimis schrieb. Es wäre daher ein Missverständnis, ihn einzig auf seine Komödien festzunageln – Edwards konnte auch anders. „Der letzte Zug“ von 1962 zum Beispiel ist ein Hardboiled-Noir, der im Original den Titel „Experiment in Terror“ trägt. In glänzend komponierten Bildern erzählt Edwards darin eine Erpressungsgeschichte: sehr elegant und sehr spannend.

Blake Edwards hatte es immer verstanden, sich mit großartigen Partnern zusammenzutun. Mit seiner Frau Julie Andrews, mit der er 41 Jahre lang verheiratet war und mit der er Filme wie, „Zehn – Die Traumfrau“ (1979). „S.O.B.“ (1981) oder „Victor/Victoria“ drehte. Mit dem Komponisten Henry Mancini, der ihm die musikalischen Klassiker zu „Frühstück bei Tiffany“ (1961) und „Der rosarote Panther“ (1963) schrieb. Und natürlich mit Peter Sellers, dem britischen Komiker, der lange sein Lieblingsschauspieler war und mit dem er alleine sechs Inspektor-Clouseau-Filme machte.

Auch wenn Blake Edwards schon seit 1993 keinen Film mehr gedreht hat – die Vorstellung tut weh, dass dieser komische Kauz nun endgültig verstummt sein soll. Doch es ist wahr: Am Donnerstag ist Edwards mit 88 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben. The party is over. Julian Hanich

Julian Hanich

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