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Haus der Zukunft. Der nahe dem Berliner Forschungsministerium geplante Bau soll ab 2016 technische Innovationen präsentieren. Erst als der Architektenentwurf vorlag, wurde ein privater Partner gesucht – und gefunden.

© Visualisierung: Richter Musikowski Architekten

Pläne für Berliner Museum der Moderne: Der Bau-Spar-Vertrag

Wer baut, wer nutzt, wer zahlt? Über öffentlich-private Partnerschaften als Weg für das Berliner Museum der Moderne.

Die Zeit läuft. Wie dramatisch sich die Situation für die Kunst des 20. Jahrhunderts zuspitzt, wird in der Neuen Nationalgalerie gerade augenfällig. Rund zwei Monate noch, dann wird das Gebäude für Sanierungsarbeiten geschlossen. Zwei Monate noch, dann endet wohl auch die Geduld von Ulla und Heiner Pietzsch. Das Sammlerehepaar hat angekündigt, dass es zum Ende des Jahres eine Entscheidung für die Unterbringung der in Aussicht gestellten Schenkung von 120 Picassos, Mirós, Magrittes erwartet.

Für den dafür notwendigen Erweiterungsbau der Neuen Nationalgalerie hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters eine Kooperation von privater und öffentlicher Hand ins Gespräch gebracht. Vor kurzem befürwortete auch Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in dieser Zeitung eine Public Private Partnership. Auf rund 180 Millionen Euro schätzt das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung die Kosten für einen Neubau. Finanziell besteht nur ein geringer Unterschied, ob das Gebäude nun hinter der Neuen Nationalgalerie in der Sigismundstraße oder daneben direkt am Kulturforum entstehen soll.

Doch wie funktionieren Partnerschaften zwischen öffentlicher und privater Hand in der Kultur?

Inzwischen existieren verschiedene Varianten, einige mit Pferdefuß. Selig und selten sind die Städte, die auf echtes Mäzenatentum setzen können. In Mannheim entsteht jetzt der Erweiterungsbau für die Jugendstil-Kunsthalle mithilfe einer 50-Millionen-Euro-Spende des SAP-Mitbegründers Hans-Werner Hector. Die Stadt zahlt weitere zehn Millionen Euro, die restlichen zehn Millionen sollen vom Land und von Einzelspendern kommen. Solch uneigennütziges Engagement ist rar. In Berlin unterstützte Volkswagen vor zehn Jahren den Bau der gemeinsamen Bibliothek von TU und UdK mit zehn Millionen Euro, fünf durch Spenden, fünf durch Sponsoring. Als Gegenleistung steht nun der Firmenname über dem Hauseingang.

Kein Mäzenatentum, sondern ein Geschäftsmodell

In Frankfurt am Main erprobt das Museum für Moderne Kunst mit seiner Dependance im Taunus-Turm eine Mischkonstruktion. Das MMK nutzt rund 2000 Quadratmeter im jüngst fertiggestellten Hochhaus fünfzehn Jahre lang mietfrei. Für den Investor rechnet sich das Geschäft auch. Denn die Anwesenheit des Museums wertet die insgesamt 60.000 Quadratmeter Bürofläche zwischen Banken- und Bahnhofsviertel auf. In Berlin hat die private Fotogalerie C/O Berlin den wechselnden Eigentümern des Postfuhramtes ähnliche Dienste geleistet. Als die Immobilie reif für den Markt war, musste die Galerie ausziehen.

Die Nebenkosten der Frankfurter MMK-Dependance übernehmen private Unterstützer, darunter auch eine Stiftung des BMW-Erben Stefan Quandt. Museumsdirektorin Susanne Gaensheimer preist zwar die Kooperation als einzigartig. Und für Wechselausstellungen zeitgenössischer Kunst mag der Showroom eine aufregende Herausforderung sein. Als Heimat für eine ständige Sammlung, wie sie in Berlin nötig wäre, taugt die temporäre Nutzung aber kaum.

Wie langfristig die Konsequenzen aus einer Mischfinanzierung nachwirken, zeigt das Beispiel des Museums Kunstpalast in Düsseldorf. 1998 überließ die Stadt dem Energieversorger VEBA, heute E.ON, ein Grundstück auf der Rückseite des Museums für den Bau des Firmensitzes. Im Gegenzug übernahm der private Partner mit eigenem Architekten die Sanierung des Kunstpalastes. An den laufenden Kosten beteiligt sich das Unternehmen mit derzeit 1,1 Millionen Euro. Aber wenn die Firma in die Flaute treibt, beginnt für das Museum die Zitterpartie. Inzwischen verkürzen sich die Vertragslaufzeiten für die Unterstützung. In Berlin ist eine solche Nachbar-Partnerschaft für die einst geplante Kunsthalle am Humboldthafen in den ersten Anfängen gescheitert. Nach Nicolas Berggruen winkten auch andere Investoren ab.

Vorstellbar wäre hier wohl am ehesten die klassische Variante einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP) – nicht als mäzenatisch-wirtschaftliches Hybrid, sondern als Geschäftsmodell. Die Idee verspricht im Idealfall Gewinn für den privaten Partner und Kosteneinsparung für die öffentliche Hand. Im schlimmsten Fall verlieren beide – der Bauträger geht in Insolvenz, die öffentliche Hand bleibt auf der Ruine sitzen. Als Vorteil gilt, dass ein Konsortium plant, baut, verwaltet und instand hält. Deshalb, so die Hoffnung, wird das Gebäude effizient konzipiert, solide realisiert, werden Termin und Budget eingehalten. Ärgerliche Zwangspausen nach knapp zehn Jahren Nutzung wie bei der Akademie der Künste am Pariser Platz oder der Berlinischen Galerie könnten so vermieden werden. Die Kosten für Errichtung, Betrieb und Finanzierung des Gebäudes werden als jährliche Entgelt-Rate beglichen. Kritiker monieren, dass die Probleme auf den Zeitpunkt verschoben werden, an dem der Vertrag ausläuft. Außerdem befürchten sie, dass sich öffentliche Bauaufträge bei den Giganten der Branche sammeln.

Das Modell der ÖPP ist ein "Messer mit zwei Spitzen"

In diesen Tagen beziehen die Mitarbeiter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ihre neuen Büros am Kapelle-Ufer gegenüber dem Bundeskanzleramt. Das Gebäude ist eines der beiden ÖPP-Projekte unter Regie der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Hier betont man, wie wichtig die sorgfältige und nüchterne Prüfung der Wirtschaftlichkeit ist. Interessant an der Konstruktion: Sowohl das Grundstück als auch das Gebäude bleiben im Besitz der öffentlichen Hand. In 27 Jahren, nach Ablauf des Mietvertrages, entscheidet der Eigentümer, ob er mit dem gleichen Dienstleister weiterarbeitet oder das Haus in eigener Regie übernimmt.

Während bei dem Verwaltungsgebäude das Konsortium die Planung übernahm, wäre für ein Museum mit seinen speziellen Anforderungen ein Architektenwettbewerb unumgänglich. Das „Haus der Zukunft“ könnte als Muster für diesen Weg dienen. In unmittelbarer Nähe zum Forschungsministerium soll es als eine Mischung aus Museum und Labor technische Innovationen präsentieren. Den Wettbewerb gewann das Büro Richter Musikowski. Erst als der Entwurf vorlag, wurde nach einem privaten Partner gesucht. Der Vertrag steht kurz vor dem Abschluss, der Bau soll Ende 2016 fertiggestellt sein.

Als ein Messer mit zwei Spitzen bezeichnet man bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben das Modell ÖPP. Bei penibler Vorbereitung kann es sich als ein brauchbares Instrument erweisen. Wer es falsch benutzt, schneidet sich ins eigene Fleisch. Für ein Museum der Moderne wären Rechenkünste und Verhandlungsgeschick gefragt. Außerdem verträgt das Modell einer öffentlich-privaten Partnerschaft eines zumindest in der Planungsphase nicht: Zeitdruck. Und die Zeit, sie läuft.

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