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Kultur: Play Ringo Play

ALL THAT JAZZ Christian Broecking über eine amerikanische Offenbarung Mathias Rüegg schreibt sich eigentlich klein. Das ist halt auf dem Papier so – mit seinem vienna art orchestra (vao) bewegt er sich aber durchaus auf etabliertem Parkett.

ALL THAT JAZZ

Christian Broecking über

eine amerikanische Offenbarung

Mathias Rüegg schreibt sich eigentlich klein. Das ist halt auf dem Papier so – mit seinem vienna art orchestra (vao) bewegt er sich aber durchaus auf etabliertem Parkett. In Bochum beginnt heute Abend die neue Tournee des Ensembles als Abschlusskonzert der diesjährigen RuhrTriennale, die heuer unter dem Motto „Century of Song“ stand und neben Bill Frisell auch von rüegg künstlerisch geleitet wurde. Pünktlich zur Tournee ist auch eine schöne LiveCD vom vao erschienen, „Duke Ellington´s Sound of Love Vol. 2“ (Universal), die Ende Juni im Wiener Jazzclub Porgy & Bess mitgeschnitten wurde. Thematisch streift das neue Duke Ellington Programm gleich mit drei Stücken die Platte „Money Jungle“, eine Trio-Session, die der Komponist und Pianist vor 40 Jahren mit Charles Mingus und Max Roach aufnahm. Für den Schlagzeuger Roach gilt diese Platte heute noch als Inbegriff der Improvisation im Jazz, für ihn sei hier das Originäre der afroamerikanischen Musik in jeder Sekunde spürbar. Doch der Widerspruch, Notation versus Improvisation, auf den Roach hier abzielt, ist bestenfalls noch symbolisch zu verstehen.

Beim vao geht es vor allem um den Freiheitsgrad der Improvisatoren, und der korrespondiert ausgezeichnet mit rüeggs Arrangements. Zum 25-jährigen Jubiläum gab das orchestra ja letzten Sommer schon zwei große Konzerte im Berliner Tränenpalast – morgen tritt es nun mit dem neuem Programm im TiPi- Zelt am Kanzleramt auf (20 Uhr).

In dieser Woche ist eine Cassandra-Wilson-CD „Glamoured“ (Blue Note) erschienen, die mit Bob Dylans „Lay Lady Lay“ und Abbey Lincolns „Throw It Away“ für einige wirklich schöne Momente sorgt und damit zumindest für ihren in diesem Sommer abgesagten Auftritt in Berlin entschädigt. Von ihrem großen Vorbild Abbey Lincoln erscheint in diesen Tagen auch eine neue wunderschöne CD: „It´s Me“ (Verve). Mit „New Moon Daughter“ hatte Cassandra Wilson Mitte der Neunzigerjahre ihren großen Durchbruch, bei jener Aufnahme war auch der Gitarrist Chris Whitley dabei. Der Texaner aus New York ist auch selbst ein grandioser Singer/Songwriter, der mit seinen eher dunkel gestimmten Texten und Sounds durchaus in Wilsons Nähe bewegt. Am Freitag kommt Whitley für einen seltenen Berliner Club-Gig ins Quasimodo (22 Uhr).

Am Dienstag startet die Herbst- Tournee des schwedischen Pianisten Esbjörn Svensson . Sein gerade erschienenes „Seven Days of Falling“ (ACT) kann man ja gar nicht hoch genug loben, so schön und rund ist das. In dem kleinen Übungsraum in seinem Stockholmer Haus komponiert Svensson die schönsten Melodien des aktuellen Jazz. Gerade ist er von einer mehrwöchigen USA- Tour zurück, wo er mit seinem Trio E.S.T. als Vorgruppe von K.D. Lang in großen Hallen spielte. Svensson schätzt sehr, wie der Pianist Brad Mehldau spielt, das Größte allerdings, was er in den USA jetzt gesehen habe, sei ein Konzert mit Ringo Starr gewesen, sagt er. Der habe sich völlig bescheiden und unspektakulär gegeben, ohne Allüren, die den Musikgenuss vernebeln. Svensson wurde schon mehrfach für seine besonders verführerische Form von neuem Jazz ausgezeichnet, inklusive einem äußerst bühnentauglichen Mix aus Piano- und Electronic-Sound. Am Samstag im Tränenpalast (20 Uhr).

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