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Regisseur Hans Weingartner (links) möchte lieber nicht mit Christian Wulff gesehen werden und sagt das auch so.

© dpa

Politik und Berlinale: Filmkünstler meiden Wulff-Empfang

Zahlreiche Regisseure und Schauspieler sagen den Berlinale-Termin beim Bundespräsidenten ab. Schlöndorff hält Absagen für falsch. Im Schloss Bellevue freut man sich nichtsdestotrotz auf einen "illustren Gästekreis".

Der Empfang für Filmschaffende, zu dem Bundespräsident Christian Wulff für heute Abend ins Schloss Bellevue eingeladen hat, droht zu einem protokollarischen Debakel zu werden. Nur ein Bruchteil der bis zu 250 Gäste will der Einladung folgen, hieß es in Künstlerkreisen auf der Berlinale. Dutzende von prominenten Namen machen unaufschiebbare anderweitige Termine für die Absage geltend. Die Fülle von Absagen, hieß es in der Branche, sei im Bundespräsidialamt mit Bestürzung aufgenommen worden.

Der festliche Termin beim Bundespräsidenten löst unter den Filmschaffenden, die zur Berlinale zahlreich in der Stadt versammelt sind, starkes Unbehagen aus. Offiziell wollen sich allerdings kaum Betroffene äußern. Gegenüber dem Tagesspiegel wurden überwiegend Theater- oder Preisverleihungstermine als Absagegrund genannt.

Filmregisseur Hans Weingartner – derzeit mit „Die Summe meiner einzelnen Teile“ im Kino – wurde dagegen am Samstag konkret: „Es wäre mir peinlich, wenn Herr Wulff mich nach Freikarten für meinen neuen Film fragt.“ Andere formulierten das Unbehagen, sich bei einer Absage dem Amt gegenüber unhöflich zu verhalten, wollen aber keinesfalls mit der Person des Bundespräsidenten Wulff in Verbindung gebracht werden.

Volker Schlöndorff, der selber ebenfalls verhindert ist, hält massenhafte Absagen für falsch. Wenn der französische Präsident einlade, sei es ganz selbstverständlich, dass man schon aus Respekt für dessen Interesse am Film den entsprechenden „Kotau“ mache. Diese Mahnung wolle er jedoch „nicht als Solidaritätserklärung“ mit Wulff verstanden wissen.

Bilder der Demonstration vor dem Schloss Bellevue am Samstag

Dass es auffällig viele Absagen gegeben habe, wurde vom Bundespräsidialamt offiziell nicht bestätigt. Erwartungsgemäß überwiege die Zahl der Zusagen, hieß es. Man freue sich auf einen „illustren Gästekreis“ und rechne mit etwa 150 Besuchern, sagte eine Sprecherin. Erwartet werde etwa die komplette Berlinale- Jury mit Ausnahme eines einzigen verhinderten Mitglieds. Mit dem Berlinale-Empfang greife Wulff eine Tradition auf, die bereits unter Richard von Weizsäcker begonnen und unter den Vorgängern Roman Herzog und Johannes Rau sporadisch fortgesetzt wurde. Der Präsident wolle die wirtschaftliche und künstlerische Bedeutung des Films, insbesondere aber die Förderung des Filmnachwuchses durch die Berlinale würdigen. Im vergangenen Jahr habe es keinen Empfang gegeben, Wulff habe stattdessen das Filmfestival persönlich besucht.

Die niedersächsische Landesregierung wies derweil Vorwürfe zurück, sie könnte Einfluss auf Prüfungen der Staatsanwaltschaft in der Affäre um den Bundespräsidenten genommen haben. „Es hat keinerlei Weisungen oder sonstige Einflussnahme gegeben“, sagte ein Sprecher von Landesjustizminister Bernd Busemann (CDU) dem Tagesspiegel. Er reagierte damit auf Vorwürfe, weil die Staatsanwaltschaft mit der Aufnahme förmlicher Ermittlungen gegen Wulff zögere. Die Behörde prüft derzeit einen Anfangsverdacht im Fall des Bundespräsidenten.

Vor dem Schloss Bellevue haben am Samstag rund 50 Menschen den Rücktritt des Staatsoberhauptes gefordert. Symbolisch stellten die Demonstranten einen selbst gebastelten überdimensionalen Stuhl vor dem Amtssitz ab. Die Veranstalter hatten 500 Teilnehmer erwartet.

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