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Cage the Elephant: Dem Durchschnitt entwachsen

© Canvasback

Cage the elephant – Thank you happy birthday: Mit Mut und Wut

Cage the Elephant legen auf ihrer zweiten Platte los, als wollten sie mit zwölf Songs das ganze Indie-Volk über den Haufen spielen. Dabei wenden sie sich ausdrücklich an die Indy Kidz, die sich doch so gern mit Befindlichkeiten beschäftigen.

Plötzlich ist es wieder da. Das Gefühl der frühen 90er Jahre, als Bands wie Faith no more, Fugazi oder Primus für Aufsehen sorgten. Crossover nannte sich diese Verschränkung von Metal, Punk und Black Music damals. Gut, mit Funk oder Hip Hop haben Cage the Elephant nichts am Hut, aber trotzdem wüten sie ähnlich hemmungslos wie die Heroen von einst. Die Stücke der ersten Seite scheinen vor Aggression fast zu bersten und inmitten dieser nur spärlich gebremsten Raserei gehen einige Genregrenzen flöten. Es ist ein Riesenspaß den fünf Musikern bei ihrem Treiben zuzuhören. Dass diese Platte bereits auf Platz zwei der US-Charts stand, überrascht, denn Kompromisse an den Massengeschmack werden auf „Thank you happy birthday“ wenige gemacht. Im Gegenteil. Alles scheint darauf angelegt zu sein, die Hörer des noch deutlich gefälliger angelegten Debütalbums zu verstören. Aus den Jungs des Jahres 2008 sind Männer geworden, und die haben ihren alten Stil, wie vor allem die zweite Plattenseite beweist, zwar nicht gänzlich hinter sich gelassen, aber sie haben sich deutlich davon gelöst. Mutig ist das und im Musikgeschäft eher zur Seltenheit verkommen.

Während Cage the Elephant also in Sache n Originalität und Spielfreude durchaus zu punkten wissen, mangelt es ihnen etwas an zielführendem Songwriting. Drei Jahre liegen seit der letzten Platte zurück. Da hätte die Band doch eigentlich genügend Zeit gehabt, die durchaus vielversprechenden Ansätze zu etwas wirklich Großem heranreifen zu lassen. Nichts desto trotz überrascht diese Platte. Sie hinterlässt einen frischen Eindruck, der die Hoffnung auf ein noch in der Zukunft liegendes Meisterwerk weckt. Das Potential dafür ist jedenfalls vorhanden.

Ebenfalls neu auf Vinyl:

Ihr Meisterwerk haben The Pains of Being Pure at Heart dagegen vielleicht schon hinter sich. Denn „Belong“ ist zwar eine starke Platte geworden, ihr Debütalbum war aber doch deutlich spannender. Das liegt sicher nicht an der weitgehenden Abkehr vom Shoegazer Rock des Erstlings. Diesen Weg der Öffnung dürfen die vier aus New York City gern weiter gehen. Sie müssen nur aufpassen, dass ihr Sound dabei nicht zu beliebig wird und der eigenständige Charakter, über den sie mit Sicherheit verfügen, verloren geht.

Matt and Kim frönen als Duo auf ihrem dritten Studioalbum „Sidewalks“ wie gehabt dem Synthiesound vergangener Tage. Das klingt mal nach den frühen Tears for Fears, mal nach Thompson Twins oder den elektronischen Gehversuchen von Conor Oberst. Die musikalische Bandbreite ist also überschaubar. Überschaubar ist auch die Kreativität, mit der Matt und Kim zu Werke gehen. Das gab es alles schon deutlich interessanter.

Auch den Psychedelic-Songs von Banjo or Freakout fehlt oft das gewisse Extra. Dabei lassen sich unter einem Firnis aus verhallten Sounds durchaus geglückte Songwriting-Ideen erahnen. Leider ist davon nur zu wenig zu Ende gebracht.

Das ganze Gegenteil liefern Willie Nelson, Wynton Marsalis und Norah Jones auf der Live-LP „Here we go again“ ab. Hier geht es gänzlich um das Songwriting von Ray Charles. Auf 12 Liedern wird dem Genie gehuldigt. Natürlich ist der Sound hervorragend, die Band spielt gediegen, Willie nuschelt gekonnt und Norah schnulzt dazu. Wer auf etwas anderes, ein klein wenig mehr als das zu Erwartende hofft, sollte die Finger von dieser Platte lassen. Den anderen wird „Here we go again“ so manchen gemütlichen Nachmittag mit Wohlklang versüßen.

Martin Väterlein

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