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© Owsnitzki

Neues Album: Green Day: Generation Null

Antibürgerliche Entsprechung zu Bruce Springsteen: Die US-Punkband Green Day stellt in Berlin ihr neues Album vor.

In der fünften Klasse sollten wir ein Idol vorstellen. Ich wählte Billy Joe Armstrong, den Sänger von Green Day. Für meine Präsentation montierte ich Fotos aus der „Bravo“. Der Anstrich von Aufmüpfigkeit in der Anmutung einer Cimocfigur hatte eine ziemliche Überzeugungskraft für Leute wie mich. Das ’94er Album „Dookie“ verkaufte sich über 15 Millionen Mal und ebnete den Weg für all die poppigen Punkbands von Blink 182 bis Sum 41. Bis ich mir ein eigenes Bild von Green Days berüchtigten Live-Qualitäten machte, sollte es allerdings 15 Jahre dauern: Am Donnerstag stellten Green Day im Berliner Maschinenhaus ihr neuntes Studioalbum vor – „21st Century Breakdown“ erscheint kommenden Freitag (bei Warner).

Natürlich ist der Club viel zu klein für eine Band, die im Herbst mühelos die O2-World füllen wird. Zudem ist vor allem Fachpublikum geladen. Davor ein Streifen feiernder Fans, die sich über ihre Verlosungskarten freuen. Dahinter eine Wand professionellen Desinteresses. Das möchte man keinem Musiker wünschen. Andererseits: Billy Joe Armstrong, Tré Cool und Mike Dirnt sind jetzt Ende 30. Sie blicken also über die pogenden 16-Jährigen hinweg ins Gesicht ihrer eigenen Generation, die da mit verschränkten Armen steht und sich fragt, was die millionenschweren Familienväter immer noch da oben machen.

„Born into Nixon I was raised in Hell“, eröffnet Armstrong das Konzert mit dem Titelsong, der aus der Perspektive eines Wohlstandskindes auf allseitigen Verfall blickt. Was mit einem klassischen Drei- Akkord-Riff beginnt, wächst sich zu einer epischen Rocknummer von fünf Minuten aus, die in einer absteigenden Akkordfolge verglüht. Sicher der Höhepunkt des Albums. „My Generation is zero“, reflektiert Armstrong hier die Bedingungen der Möglichkeit von Punkrock, „I never made it as a Working Class Hero“. Als Teil einer Generation ohne Eigenschaften blieb ihm das Heroische des Arbeiterklassenpunks von The Clash oder The Jam verwehrt.

Ein bisschen mehr dieses Reflektionsniveaus täte gut. Dann würde sich der Sänger vielleicht nicht mit immer gleichen „Heeeh-Yo!“-Spielchen der Albernheit preisgeben. Während der stoische Tourgitarrist am Rand die Soli besorgt, fixiert mit großen Augen das Publikum. Das Problem: Sowas hat für ihn genau so viel Wert, wie es vom Publikum geschätzt wird. Green Day wirken wie Clowns, die um die Liebe des Publikums bangen (Tré Cool ist wirklich ausgebildeter Clown.)

War „American Idiot“ 2004 eine Bush- Anklage zur Wiederwahl, ist „21st Century Breakdown“ mit seinen 18 Songs ein ambitionierter Krisenkommentar, dem es allerdings selbst an stilistischer Orientierung mangelt. In ihrem Bemühen um Aktualität und Relevanz sind Green Day inzwischen die antibürgerliche Entsprechung zum Staatskünstler Bruce Springsteen.

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