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Cohen

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Hitparade: Leonard Cohen: suchender, zweifelnder Geist

Leonard Cohen ist jetzt fast 75. Er wird immer leiser und heiterer. Diese Woche ist er auf Platz 21 mit "Live In London".

Mit 13 lernte er angeblich Gitarrespielen, um die Mädchen zu beeindrucken. Ein häufiger Grund. Doch Leonard Cohen, so können wir Nachgeborenen mutmaßen, hatte das wahrscheinlich schon damals nicht nötig. Er schafft das allein mit seinen Worten. Er wollte zunächst Schriftsteller werden, ehe er zufällig als Sänger entdeckt wurde. Da hatten andere schon mit seinen Texten Erfolg. Nun kam seine Stimme hinzu, 1967 beim Newport-Festival. Durch sie wurde er endgültig zum „ladies man“, als der er bis heute apostrophiert wird. Zu Unrecht, denn Leonard Cohen auf das Samtig-Streichelnde zu reduzieren, ist eine grobe Vereinfachung. Noch Wochen nach dem Berliner Konzert im letzten Jahr traf man Menschen aller Geschlechter, die verzückt berichteten. Cohen-Konzerte sind Gottesdienste, aber der Gott ist nicht Cohen, sondern die Poesie. Egal wo er Station machte im Lauf seiner bald 75 Lebensjahre, im New Yorker Chelsea Hotel, auf Kuba, auf der griechischen Insel Hydra oder im Zen-Kloster, wo er den Mönchsnamen Jikan, „der Stille“, bekam: er blieb ein suchender, zweifelnder Geist. Schnelle Antworten, Slogans und Parolen kamen nie aus seinem Munde.

In einer Moderation dieses Konzerts in London zählt er eine lange Liste von Philosophien und Psychopharmaka auf, die allesamt nicht als Heilmethode gegen die Liebe taugen. Auch wenn er seinen Text von „A Thousand Kisses Deep“ bis ans Ende seiner Tage weiterschreibt - mittlerweile sind es über 40 Strophen –, Cohen weiß um die Vergeblichkeit und erzählt davon mit ironischer und zugleich hingebungsvoller Resignation. „There Ain’t No Cure For Love“. Aber nach langen Phasen der Depression wird Cohen nun immer heiterer. Mit langem Atem und ruhigem Puls. Er erlebt, wie er in einem Interview sagte, „den Frühling seines Alters“. Dessen Blüten und Früchte sind auf diesem Live-Album delikat und mit 27 Songs üppig aufgetischt. Die Frage stand im Raum: War das die letzte Tournee? Nein, Cohen kommt im Juli noch einmal nach Berlin. Keine Frage: Er ist unser Mann. Ralph Geisenhanslüke

Ralph Geisenhanslüke

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