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© Anya Klabunde

Interview: Bermuda statt Popkomm: "Hier spielt die Musik!"

Die Berlin Music Days (Bermuda) sollen die Lücke füllen, die von der abgesagten Musikmesse Popkomm hinterlassen wurde. Bermuda-Initiator und Watergate-Betreiber Ulrich Wombacher spricht im Interview mit Tagesspiegel.de über das Projekt.

Was ist die „Bermuda“?

Bermuda steht für Berlin Music Days, eine Musikwoche, die sich ganz der elektronischen Musik widmet und Berlins Clubszene, die Musiklabels, Vertriebe und das Business erstmals geeint und komprimiert in vier Tagen und unter einem Banner der Weltöffentlichkeit präsentiert. Organisiert wird sie von den Betreibern des Kreuzberger Watergates.

Die Veranstaltung findet erstmals vom 16. bis 19. September statt, zu der Zeit also, in der die Popkomm hätte steigen sollen. Warum habt Ihr diesen Termin gewählt?

Abgesehen davon, dass die Messe für die Clubs und Musikschaffenden der elektronischen Musikszene nie wirklich relevant war, war die Woche, in der sie passierte, immer Anlass für die Clubs und die Musikschaffenden der Stadt, auch unter der Woche und „im Fahrtwasser“ der Messe eigene Labelpräsentationen, Showcases und Parties zu veranstalten. Uns stellte sich schon seit geraumer Zeit die Frage, warum man sich nicht aus dem Schatten einer übergeordneten, unbeweglichen und in veralteten Strukturen funktionierenden Messe erhebt und gemeinsam eine Veranstaltungswoche organisiert. Wir sind das in diesem Jahr einfach mal angegangen. Der Termin im September ist an sich nicht schlecht. Die anderen Messen und Festivals wie das Sonar oder die Winter Music Conference haben auch ihre festen Termine. Da ist es nicht schlecht den Berliner Termin nicht unbedingt neu zu definieren.

Berlin hat eine Fashionweek – und soll nun auch eine eigene Musikwoche bekommen. Warum braucht es die?

Die Notwendigkeit liegt auf der Hand. Berlin ist seit Jahren die Hauptstadt elektronischer Musikkultur. Hier spielt die Musik! Die Künstler und Labels strömen geradezu in die Stadt, zu gut sind einfach die Voraussetzungen und Freiräume für Künstler hier in Berlin. Alle Strömungen und Innovationen kommen momentan aus der Stadt. Die Stadt kann mit einer top Club-Infrastruktur aufwarten und Berlin ist ein Magnet für Clubtourismus weltweit. Man schaue nur mal auf die Massen an musikbegeisterten Clubtouristen, die sich Woche für Woche auf den Weg nach Berlin machen. Diese Kräfte und Qualitäten der elektronischen Musikszene zu bündeln und damit auch einer noch größeren Öffentlichkeit und vor allem auch den Kreisen, die das Clubleben und dessen wirtschaftliche Bedeutung stets belächeln oder herabspielen zugänglich zu machen ist erklärtes Ziel. Es schrie förmlich danach hier eine Musikwoche mit angeschlossenem Festival/Messe zu organisieren.

Die Popkomm gab als Grund für ihre Absage unter anderem die allgegenwärtige Krise der Musikwirtschaft an. Seid Ihr als Clubbetreiber davon nicht betroffen?

Es gibt die Krise in der Musikwirtschaft, ganz klar. In den Clubs ist sie in der drastischen Form noch nicht angekommen. Für uns ist die Krise aber eher Grund, etwas zu machen. Absagen von Events ist da eher ein falsches Signal.

Inwiefern wird sich die Bermuda von der Popkomm unterscheiden?

Wir verstehen uns eher als Festival und nicht als Messe. Wir sind so ausgerichtet, dass wir Publikum anziehen, nicht Fachmessenbesucher!

Gerade die Protagonisten der elektronischen Musik sind doch untereinander gut vernetzt. Braucht es da tatsächlich so ein Zusammenkommen, um sich untereinander auszutauschen?

Auch da gibt es das Bedürfnis, sich zu treffen und sich mal von Angesicht zu Angesicht auszutauschen. Wir schaffen dafür die Möglichkeiten in ungezwungener Atmosphäre.

Es beteiligen sich Clubs wie das Berghain, WMF, Cookies und Tresor. Wie habt Ihr die für Eure Idee begeistern können?

Da die Idee von der Basis kommt ist sie authentisch und brauchte nicht all zu viel Überzeugungsarbeit. Berlin ist gut besucht, von daher kann man sich die Frage schon stellen: Macht so was überhaupt Sinn? Aber auch für die elektronische Clubszene ist es sicherlich kein Schaden, wenn Berlin seine eigene Musikwoche hat. Schließlich sollen viele Partygäste kommen. Es wird ein gutes Line-up in den Clubs und auch an anderen Orten geben, von denen Berlin ja genügend zu bieten hat. Das wird den Standort für die Musikwirtschaft stärken und auch das Image von Berlin. Wie sagt man neudeutsch so schön? Eine “Winwin”-Situation!

Wie wird die Veranstaltung konkret aussehen? Gibt es thematische Absprachen, oder gestaltet jeder Club sein Programm eigenständig?

Die einzige Einschränkung bei der Bermuda: Es muss sich um elektronische Musik handeln. Ansonsten kann sich jeder beteiligen, es ist ein offenes Konzept.

Wird es über das Clubprogramm am Abend hinaus auch Aktionen und Veranstaltungen am Tage geben?

Ja, es wird in den Clubs auch speziell zu Businessanbahnungen im Tagesbetrieb kommen.

Wer kann/soll daran teilnehmen?

In diesem Jahr sind auf Grund des kurzen Zeitfensters bis zur BerMuDa nur wenige Möglichkeiten vorhanden. Aber gerade bei Musikvertrieben, Downloadportalen oder bei in der Peripherie der Musikindustrie arbeitenden Firmen wird es zu Treffen, Businessmeetings oder auch lockeren Nachmittagsveranstaltungen kommen.

Es gibt eine Kooperation mit Musikmanager Tim Renner und dessen Projekt „All2gether now!“.

Die „All2gether now!” versteht sich ja eher als neuer Marktplatz der Musikwirtschaft in Berlin. Das Projekt hat sich zum Ziel gemacht, ein neuartiges, zielgerichtetes Brachentreffen durchzuführen. Mit vielen Diskussionsrunden und Konferenzen zu den aktuellen Themen der Musikwirtschaft. Wir stehen hingegen für das Feiern und das Musikerlebnis in den Clubs und für Events, bei denen wir Live-Acts vorstellen wollen. Bermuda und „All2gether now!“ sind zwei Ansätze, die sich ergänzen und ein großes Ganzes bilden können!

Wie soll es mit der Bermuda weitergehen?

Die Bermuda soll jedes Jahr im gleichen Zeitraum stattfinden. Ziel ist es, gesund zu wachsen und in gleichem Maße an Qualität und Umfang zu gewinnen. Geplant ist unter anderem ein Großevent mit international renommierten Acts. Das soll die einzelnen Clubnächte „befruchten“ und auch eine noch größere Zielgruppe ansprechen.

Das Gespräch führte Nana Heymann.

Ulrich Wombacher ist Betreiber des Kreuzberger Clubs Watergate und Initiator der Bermuda. Als DJ Metro legt er auch regelmäßig auf

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