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Konzertkritik: Besuch einer Legende

Konzerte von Yo la Tengo haben immer etwas Familiäres. Nicht dass die Band sich sonderlich um das kümmern würde, was vor der Bühne passiert. Im Gegenteil: Das Trio aus Hoboken (New Jersey) geht vollständig in der eigenen Musik auf.

Im randvollen Berliner Columbiaclub trommelt es sich mit dem Fusion-Stück "Georgie vs Yo la Tengo" in den Abend hinein, um danach gleich richtig noisy zu werden. Wer die Multi-Instrumentalisten mehr von ihrer sonnigen Seite kennt, stopft sich wohlwollend, aber besorgt Taschentuchbällchen in den Gehörgang. Ira Kaplan quält seine Gitarre, als gebe es für sie und ihn kein morgen. In einer nahezu zehnminütigen Feedback-Orgie buckelt der Bandleader über die Bühnenboden und schwingt das Musikgerät munter über Kopf und Schultern. "Wir haben kein neues Album zu promoten", sagt Kaplan später. Also spielen "Yo la Tengo" einfach das, was ihnen in 20 Jahren Bandgeschichte lieb und teuer geworden ist.

Durchscheinende Songs

Natürlich stimmt das nur zur Hälfte. Kaplan, seine Frau Georgia Hubley und James McNew haben im Frühjahr "Prisoners of Love" veröffentlicht, eine Werkschau auf drei CDs. Auf ein Gastspiel in Deutschland mussten die Fans der Indie-Legenden allerdings lange warten. Und so kommt Wehmut auf, wenn Hubley mit warmer Stimme singt: "On darkened streets tonight, I make a wrong turn right, take in the lonely side, when the summer comes undone". Yo la Tengo gelingt mit Leichtigkeit der Wechsel zwischen Krachstücken und Melancholie, zwischen Sonic Youth und Velvet Underground. Und immer mal wieder spielen sie einen durchscheinenden Song mit nahezu geflüsterten Vocals.

In gut zwei Stunden schicken Kaplan, Hubley und McNew ihre Zuhörer durch ein Wechselbad der Gefühle, was schnell ein übergeordnetes Glücksgefühl auslöst. Die Bühne verlassen sie mit einem freundlichen Winken. So viel understatement muss dann doch noch sein.

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