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Konzertkritik: Bowerbirds: Die Kunst des Weglassens

Da speit sogar der Metalldrache Feuer: Die Folk-Miniaturen der Bowerbirds begeistern im Café Zapata.

Vielleicht ist es nicht das Schlechteste, ordentlich abgehetzt zum Auftritt der Bowerbirds im Café Zapata aufzulaufen, nachdem ein ansonsten meist zuverlässiger Radiosender noch anderthalb Stunden vor Konzertbeginn einen falschen Veranstaltungsort angegeben und einen somit auf die falsche Fährte geschickt hatte. Denn die angefressene Laune ob des unnötigen Herumkurvens durch die Innenstadt verfliegt im Nu, als das Trio aus North Carolina seine zauberhaften Folk-Miniaturen anstimmt.

Im Zentrum der Songs steht der hingebungsvolle Gesang von Phil Moore, der mit seiner anschmiegsamen, zugleich extrem beweglichen Stimmführung immer wieder an die brasilianische Tropicalista-Legenden Caetano Veloso und Chico Buarque erinnert. Dazu passt sein minimalistisch-virtuoses Spiel auf der akustischen Gitarre, dessen perkussive Grundierung den Liedern einen matratzenweich federnden Groove verleiht.

Darüber hängt Beth Tacular flirrende Notengirlanden mit Akkordeon oder Elektroorgel, während Drummer Yan Westerlund wunderbar zurückhaltend und mit bezwingender Präzision dezent vertrackte Rhythmusmuster anrührt. Dass Westerlund, dessen Bruder bei der befreundeten Band Megafaun mitmacht, erst seit vier Konzerten dabei ist, merkt man zu keinem Zeitpunkt: Selbst bei den mehrstimmigen Gesangspassagen können sich die anderen beiden auf seine punktgenaue Mitwirkung verlassen.

Wo manche der jüngeren amerikanischen Folk-Gruppen sich entweder in hymnische Sakralität emporschrauben (Fleet Foxes) oder durch radikale Verinnerlichung hypnotische Intensität erreichen (Bon Iver), gehen die Bowerbirds einen anderen Weg: Auf faszinierend einleuchtende Weise gelingt es ihnen, die Harmonieseligkeit des Westcoast-Hippie-Folks der Spätsechziger, beispielsweise von The Mamas & The Papas, mit den komplexen Melodieverästelungen einer jazzbeinflussten Denkerband wie Steely Dan zu vereinen und in ein instrumental abgemagertes Folk-Idiom zu übertragen.

Das Ergebnis sind Lieder, die das Prinzip des Weglassens zur großen Kunst erheben: Formvollendete Songs wie "Silver Clouds", "House of Diamonds" oder die Zugabe "Bright Future" begeistern während des gut 75 Minuten dauernden Auftritts nicht nur das Publikum im Zapata, sondern auch das Thekenpersonal, das zwischen den Stücken immer wieder den mechanischen Drachen Feuer speien lässt.

Jörg W, er

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