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© dpa

Konzertkritik: Chris Rea: Nie zu alt, um zu tanzen

Vor vier Jahren hat Chris Rea schon eine Abschiedstour gespielt, jetzt ist er wieder da und begeistert das Publikum im Tempodrom.

Weil ein paar ruhigere Balladen zu seinen größten Erfolgen wurden, hat man Chris Rea ein fragwürdiges Etikett angehängt: "Schmuserocker". Doch dafür ist er, zumindest im Konzert, zu ungestüm, ist sein Sound zu grob und roh, und mächtig laut. Wild lässt er seine blau glitzernde, italiensche Marinello-Gitarre ins bestuhlte und ausverkaufte Tempodrom kreischen, zu einem ausschweifenden Slide-Intro in schwerem Moll. Und singt den Blues mit einer Stimme aus angeschabt kratzigem Samt. "I Can't Wait For Love".

Im schwarzen, ärmellosen Trägerhemd mit freien Schultern wirkt der 58jährige Engländer so kräftig und durchtrainiert wie sich seine Gitarre anhört: muskulös, ohne Tätowierungen und Kraftmeierei. "Where The Blues Come From".

Vor vier Jahren noch hatte Rea angeschlagen gewirkt, abgemagert und elend. Wegen einer schweren Krebserkrankung wollte er keine Konzerte mehr geben und hat 2006 seine "Abschiedstour" absolviert. Doch zwei Jahre später hatte er sich so weit erholt, dass es ihn wieder auf die Bühne zog, auch die vom Tempodrom, wo er 2008 seine alten Songs, Balladen, Blues und Rock zu überraschend neuem Leben erweckte.

Das Programm heute ähnelt dem von damals, bietet kaum Neues. Aber muss ja vielleicht auch nicht. Die Band ist gut: Tasten, Bass, und zwei weitere Gitarristen. Langsamer Blues, unterlegt von Reggae-Beat - ein bizarrer, interessanter Kontrast. Die alten Hits "Josephine" und "Julia" wirken etwas lustlos und abgenutzt. Wohingegen "Stony Road" mit seinem hypnotischen Ein-Akkord-Blues, sowie der neue Song "Still So Far To Go" mit treibendem Slim-Harpo-Boogie ordentlich Dampf machen. Mehr noch "Somewhere Between Highway 61 And 49" mit seinen furiosen, an die Stones und "Midnight Rambler" erinnernden Gitarrenriffs. Und schließlich das Glanzlicht des Abends: "Stainsby Girls". Mit verhalten ruhigem Anfang und einer geradezu wahnwitzigen Steigerung in mitreißendes "Brown Sugar"-Geriffe. Die Fans springen aus den Sitzen und tanzen. "I Ain't Never Too Old To Dance" singt Rea nach zwei Stunden als letzte Zugabe. Recht hat er.

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