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Konzertkritik: Dr. Dog: Spielfreude ohne Ball

Wegen vieler Konkurrenzkonzerte und des Fußballklassikers Deutschland - England platzte der Magnet Club beim Auftritt von Dr. Dog am Mittwochabend nicht gerade aus allen Nähten. Von den etwa 80 Gästen dürfte aber niemand seine Wahl bereuen.

Dr. Dog bieten eine mitreißende Performance, was vor allem der enormen Spielfreude des quirligen Quintetts aus Philadelphia zu verdanken ist. Die beiden Gitarristen Scott McMicken und Frank McElroy umgarnen einander mit verzwirbelten Tongirlanden. Gemeinsam mit Bassist Toby Leaman bilden sie ein zappeliges Trio, das in putzigen Spontanchoreografien zum Getrommel von Juston Stens rumhüpft, während links am Bühnenrand Zach Miller energisch die Elektroorgel malträtiert.

Dr. Dog leben musikalisch in einer Welt, die etwa 1970 aufgehört hat, sich zu drehen. Auf einer Mixkassette würden ihre Songs zwischen späten Beatles, Buffalo Springfield und Creedence Clearwater Revival nicht negativ auffallen. Von den makellosen Gesangssätzen über die kühn gespannten Melodiebögen bis zu den komplexen Arrangements ist dies große Kunst mit minimalen Mitteln.

Manches hört sich verdächtig vertraut an: War das nicht gerade ein „Hey Jude“-Chorus? Stammt McElroys gedämpftes Gitarrensolo nicht aus „Suzie Q“? Gerade diese versteckten Klassiker-Zitate, die wie Sternschnuppen aufleuchten und sofort verglühen, belegen einen modernen Umgang mit der Vergangenheit und weisen Dr. Dog als Hüter der US-Indierock-Tradition von Gruppen wie The Replacements oder Pavement aus. Tolle Band, der man für‘s nächste Mal eine glücklichere Terminwahl wünscht.

Jörg W, er

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