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Element of Crime

© ddp

Konzertkritik: Element Of Crime in der Arena

Heimspiel in Berlin am Ende einer ausgedehnten Tournee: Element Of Crime sind eine Rock-Band. Richard Pappik spielt federnde Beats auf dem Schlagzeug, David Young einen warmen, bauchigen Bass und Regener trompetet silbrig strahlende Mariachi-Melodien.

Punkt acht kommen sie auf die Bühne, alle in Schwarz, Hemd wie Hose. Und schon rocken sie, damm-darammdamm-damm-damm, im coolen Bo-Diddley-Beat, den Element Of Crime mindestens so lieben wie Walzer- und Sechsachtel-Takt. Ja, Element Of Crime sind eine Rock Band. Das sagen sie auch von sich selber. "Nimm den Fuß von der Bremse, ich muss ins Bett", singt Sven Regener, "wer nicht geht, kommt nie wieder, und wer bleibt ist nie weg." Natürlich geht keiner, alle bleiben. In der riesigen ausverkauften Treptower Arena ist ein Gedränge, wie man es hier schon lange nicht mehr erlebt hat. Um im Gewühl von hinten etwas von den fünf Musikern ganz weit da vorne im gedämpft blau-violetten Licht zu sehen, muss man sich auf Zehenspitzen stellen, den Kopf weit recken.

"Kopf aus dem Fenster", der erste Song, ist auch der erste Song des jüngsten, des zwölften Albums von Element Of Crime: "Immer da wo du bist bin ich nie". Heute abend sind ein paar Tausende da, wo Element of Crime auch sind. Heimspiel in Berlin am Ende einer ausgedehnten Tournee. "Wir machen mal weiter, und spielen noch ein Lied" sagt Regener. Und er jongliert originell mit Bob Dylans "Blowin' In The Wind". Aus "How many roads must a man walk down... " wird bei ihm: "Wieviele Erdberbeereise muss der Mensch noch essen, bevor er endlich einmal sagt: Ich bin dafür... " Er legt die Gitarre weg, greift zur Trompete, streckt sie mit beiden Armen hoch über den Kopf, wie ein Fußballkapitän den gewonnenen Pokal und ruft selbstironisch triumphierend: "Romantik!" So hieß ein Element-Of-Crime-Album von 2001. Tosender Jubel. Und schon singt er wieder: "Das Singen macht Hunger und Durst, o Deborah, der liebe Gott liebt dich, und wenn nicht, dann bin ich noch da."

Mit federnden Beats und
Mandolinensound

Der Gastgeiger Christian Komorowski hält seine Violine vor den Bauch, um sie wie eine Mandoline zu spielen, während Gitarrist Jakob Ilja seiner Telecaster noch einen anderen Mandolinensound gibt. Interessante Klänge. Richard Pappik spielt federnde Beats auf dem Schlagzeug, David Young einen warmen, bauchigen Bass und Regener trompetet silbrig strahlende Mariachi-Melodien.

Sie spielen die komplette neue Platte, begeben sich dazwischen aber auch immer wieder zurück in die eigene musikalische Vergangenheit. Zurück zu "Weißes Papier" aus dem Jahr 1993: "Immer unter Strom, immer unterwegs und überall zu spät". Ilja spielt Slide auf einer roten Guild-Semiakustik und Regener entreißt seiner Elektrischen ein feines R&B-Solo, das an die frühen Stones erinnert.

Fast bis an die Anfänge der Band vor 25 Jahren gehen sie zurück in ihrer Songauswahl, wenn Regener in seinem ulkigen Bremer Akzent zwei Songs singt von "Try To Be Mensch", dem 1987 von John Cale produzierten, noch rein englischsprachigen, zweiten Album. "You Shouldn't Be Lonely" und "Don't You Smile", die in ihrer völlig neu arrangierten düsteren Goth-Monotonie noch übertroffen werden von "Death Kills", einem Song vom Soundtrack zu Leander Haussmanns Film von 2008: "Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe". Mit der Liebe und Robert Zimmermann (=Bob Dylan) hat dann auch wieder der neuere Song "Bitte bleib bei mir" eine Menge zu tun, in Melodieführung und Harmoniefolgen. Und immer ragen Jakob Iljas konzentriert geschmackvolle Gitarrenklänge hervor. Country-Picking und gefühlvoll tief schwingende Twang-Soli.

"Nicht einfach nur so eine Band"

Vor einigen Jahren hatte Ilja einmal erzählt, wie Element Of Crime nach dem Erscheinen ihres Albums "Damals hinterm Mond", 1991 im legendären Berliner "Quartier Latin" zum ersten Mal vor über 1000 Leuten gespielt hätten: "Da dachte ich, jetzt sind wir nicht mehr einfach nur so eine Band! Jetzt haben wir's geschafft!" Nach all den mühsamen Jahren, und nachdem sie das Wagnis eingegangen waren, ausschließlich mit deutschen Texten zu arbeiten.

Inzwischen sind fast weitere 20 Jahre vergangen, die Element nicht "einfach nur so eine Band sind". Sie haben es noch viel weiter gebracht inzwischen, sind erfolgreicher denn je. Einige Tausende Fans strömen jeweils zu ihren fast immer ausverkauften Konzerten. Schade nur für die Fans, dass sie sich jetzt immer so quetschen müssen, so sehr recken, um etwas zu sehen und dabei auch noch die mäßigen Klangverhältnisse unwirtlicher Konzerthallen in Kauf nehmen müssen. Irgendwann werden dann wohl auch die Videogroßbildleinwände kommen müssen, und man wird sich zurücksehnen nach der familiären Atmosphäre im Quartier Latin von einst.

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