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Konzertkritik: First Aid Kit im Magnet

"Wir wollen die Herzen erreichen, nicht die Charts!" Das schwedische Schwestern-Duo "First Aid Kit" verzaubert mit wunderbarer Harmonie.

Ihr Vater fungiere als ihr Tourmanager und Chauffeur, heißt es von "First Aid Kit", dem jungen schwedischen Schwestern-Duo Klara und Johanna Söderberg. Sind die älteren, zauselig langhaarigen Roadies, die im Magnet Mikros und Instrumente aufbauen, dann vielleicht ihre Onkel?

Berlin fänden sie toll, sagen die Schwestern. 2008 hätten sie hier Ferien mit der Familie gemacht. Gelächter. "What's wrong with a family vacation?" Kichern. Und im letzten Jahr haben sie sich dann im Kreuzberger Lido als Vorprogramm von Port O'Brien eine Menge neuer Fans gemacht.

Johanna spielt eine Autoharp. Das alte Folkinstrument würde man heutzutage nicht mehr unbedingt in den Armen einer knapp Zwanzigjährigen erwarten. "Wir wollen, dass unsere Musik von vergangenen Zeiten erzählt und von alten Seelen", sagten die Schwestern im Interview.

Tatsächlich klingt der erste Song dann auch nach der Carter Family, den Wegbereitern amerikanischer Folk- und Countrymusik. Eine einfache, hübsche Folk-Melodie mit dichtem Harmoniegesang.

Die 17-jährige Klara, die mit ihrem freundlich runden Gesicht, umrahmt von langen dunkelblonden Haaren mit langem Pony und weißer, weitärmeliger Hippie-Tunika, optisch an die "Woodstock-Legende" Melanie erinnert, zupft und schrammelt auf einer großen Akustikgitarre und singt meistens die Hauptstimme. Johanna spielt dazu abwechselnd auf einem Keyboard Bass-, Cello-, Violinen- und Orgel-Stimmen und singt mit ihrer jüngeren Schwester in zauberhafter Harmonie. Muntere appalachische Tanzliedchen und elegisch melancholischen Balladen. Über die Liebe, Natur, Seeleute, scheiternde Ehen, Abschiede, verwundete Seelen. Und natürlich den "Tiger Mountain Peasant Song" der Fleet Foxes, mit dessen Cover-Version sich die Schwestern rasant die Herzen der "Youtoube"-Gemeinde eroberten und dem selbsterklärten Ziel näher brachten: "Wir wollen die Herzen erreichen, nicht die Charts!"

Gelegentlich allerdings entwickeln die Stimmen eine spitze, metallische Schärfe, wenn ihnen kleine Varianten der Modulation, sowie Dynamik in der Lautstärke möglicherweise mehr Ausdruck und Seele verleihen könnten. Umwerfend sind die jungen Frauen, wenn sie sich unverstärkt und ohne Mikrofone zwischen ihr entzücktes Publikum stellen und ihr Talent von der schönsten, unverfälschten Seite zeigen. "Ghost Town" und "In The Morning" waren die absoluten Höhepunkte eines tollen Konzertes, das - mehr noch als die gerade erschienene erste LP "The Big Black & The Blue" - auf eine interessante musikalische Zukunft der jungen Ladys hoffen lässt.

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