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Konzertkritik: Glasvegas: Schwarzes Rauschen

Sie zimmern große Klangwände: Glasvegas traten im Kreuzberger Lido auf.

Schon seit Wochen war das Konzert ausverkauft. Vor dem Eingang suchen jede Menge Fans noch Karten, drinnen stehen sie dicht gequetscht. Auf der Bühne eine tolle Band mit einem kompakten Gitarren-Sound. Präzis-schönes Gelärme. Von Angst getrieben und befreiend. Dynamisch, hymnisch, rhythmisch. Eine erfreuliche Entdeckung. Es ist die Vorgruppe: The Temper Trap aus Australien.

Was soll danach noch kommen? Bühne dunkel. Das Intro grummelt in tiefsten Tiefen, Respekt einflößend wie die Demutspfeifen einer Kirchenorgel. Lichterflackern, rhythmisches Klatschen und Johlen – Empfang der Band mit dem Gemisch aus Arbeitermilieu und Glamour im Namen: Glasvegas. Glasgow, wo sie herkommen, Vegas, wo sie vielleicht hin wollen.

Dabei haben sie gerade erst angefangen mit einem ersten Album. Und jetzt hier mit dem ersten Song und der netten Zeile: „My name is Geraldine, I’m your social worker“. Da stehen sie im Jubel: drei Jungs mit Gitarren und hochstehenden Bürstenhaaren. Und einer Schlagzeugerin, die man kaum sieht, als säße sie in einem Bühnenloch, wo sie Eins-Zwei- Drei-Vier hämmert, doppelarmig.

Sie zimmern grobe Klangwände, die an Phil Spector erinnern. Mit schwarzem Rauschen, feierlichem Huuh-huuh-huuh. Ein bisschen U2 mit Pendelverkehr zwischen Bowies dunklem Berliner Heldenklang und der kräckelig nasalen Stimmfarbe Elvis Costellos. Aber dann doch alles ein wenig gleichförmig und weniger interessant als die Vorbilder.

Die Temperatur im Saal steigt. Von der Bühne immer mehr heiße Luft. Nach einer Stunde der zehnte, letzte und beste Song: „Daddy’s Gone“.

H.P. Daniels

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