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Konzertkritik: Laura Marling: Betörend mit erstaunlicher Reife

Vorzügliche Platten, exzellentes Konzert. Laura Marling ist ein außerordentliches Talent mit einer hoffnungsvollen Zukunft: H. P. Daniels über ein besonderes Konzerterlebnis im Kreuzberger Privatklub.

Voll und eng ist es im kleinen Kreuzberger Privatclub, und so müssen sich Laura Marling und ihre Band erstmal durchs dichte Gedränge nach vorne zur Bühne wühlen. Als sie es die zwei kleinen Stufen nach oben geschafft haben, sieht man dort nur noch ihre Köpfe: einen bemützten, einen bebrillten, einen bärtigen. Und in der Mitte die hübsche Laura Marling, mit einem wilden, nach hinten hochgebundenen rötlichen Haarbüschel.

Was für Instrumente spielen sie? Man sieht es kaum, muss sich also auf die Ohren verlassen. Laura spielt Akustikgitarre mit schnellem Anschlag, der an Dylans "It's Alright Ma" erinnert. Und ist das vielleicht ein Banjo, das da im Hintergrund plickert? Laura singt: "That I might be a part of this / Ripple on water from a lonesome drip / A fallen tree that witnessed me / Him alone, him and me." "Devil's Spoke" stammt vom gerade erschienenen, zweiten Solo-Album der Londoner Singer/Songwriterin, die vorher bei der jungen englischen Neo-Folk-Band "Noah and the Whale" gesungen hatte.

Dann donnert die Band los mit Bass und Schlagzeug. Jetzt hört man Klavierakkorde und eine Melodie, die an "Blind Willie McTell" erinnert. Ähnlich wie der frühe Dylan scheint sich auch Laura Marling einige ihrer Tonfolgen aus alten englischen Folkballaden zu organisieren, mit eigener neuzeitlicher Poesie zu versehen, und so zu etwas aufregend Neuem umzugestalten: "Hope In The Air".

Man denkt an Fairport Convention

Aus keltischen Folk-Wurzeln sprießen heftigere Rocksounds. Man denkt an Fairport Convention, an Sandy Denny aus England. Aber auch an die Amerikanerinnen Joni Mitchell und Rickie Lee Jones. Und trotz aller großen Vorbilder hat die gerade erst zwanzig gewordene Laura schon zu ihrem sehr individuellen Ausdruck gefunden. Ihre zauberhafte Stimme betört mit einer erstaunlichen Reife, Dynamik, makelloser Intonation und gefühlvollem Phrasing. Dazu spielt sie versiert schönes Folk-Picking auf diversen Akustikgitarren, die offenbar auch in verschiedenen "Open Tunings" gestimmt sind. All das tut sie sehr selbstbewusst, angenehm natürlich und entspannt, ohne jegliche gekünstelte Posen und Wichtigtuereien.

Nach einer berauschenden Stunde sagt sie, dass sie Zugaben als albern und überflüssig empfinde, zumal sie sich hier dazu auch noch zweimal durch die Menge drängeln müsste. Wer also gerne eine Zugabe hören würde, solle sich vorstellen, dass dies jetzt der letzte Song sei. Und wer keine wolle, dass es der vorletzte sei. Auf "My Manic And I" vom ersten Album "Alas I Cannot Swim" (2008) folgt noch der Titelsong" der jüngsten Veröffentlichung: "I Speak Because I Can". Vorzügliche Platten, exzellentes Konzert. Laura Marling ist ein außerordentliches Talent mit einer hoffnungsvollen Zukunft.

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