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Paul Weller

© Roland Owsnitzki

Konzertkritik: Paul Weller: Der Modfather

Erlesener Sixties-Pop, Northern Soul und neuerdings ein paar Abschweifungen: Paul Weller spielte zur Popkomm in der Columbiahalle - in perfekter Pub-Atmosphäre

Der Pop, so könnte man sagen, ist in diesem Jahr 200 geworden. Madonna, Michael Jackson, Prince haben allesamt ihren 50. Geburtstag gefeiert - genauso wie Paul Weller. Doch während Madonna immer noch damit beschäftigt ist, sich für jedes Album, jede Tournee neu zu erfinden und Michael Jackson und Prince in künstlerischen und/oder biografischen Krisen feststecken, scheint Weller derjenige Künstler aus dem Pop-Wunderjahrgang von 1958 zu sein, der sich selber am meisten treu geblieben ist. Gralshüterhaft hält er am wahren Britpop der Who- und Small Faces-Ära fest und findet auf seinen Platten zu immer erleseneren Mischungen von Sixties-Pop und Northern Soul. „Modfather" nennen sie ihn deshalb in England.

Die Sixties-Orthodoxie lässt nach

Allerdings hat sich Weller zu seinem Geburtstag nun quasi selbst ein Album geschenkt, das überraschenderweise vom Schema abweicht: zu den 21 Stücken von „22 Dreams" gehören auch einige instrumentale Abschweifungen und sogar ein Tango. Nachlassende Sixties-Orthodoxie ist auch beim Publikum in der gut gefüllten Columbiahalle zu beobachten. Nur wenige Fans haben noch einmal ihren Parka aufgebügelt, die meisten Zuhörer sind im legeren Jeans- oder Lederjacken-Dresscode der Generation 40 plus erschienen. Weller selbst springt in einem aufgeknöpften schwarzen T-Shirt auf die Bühne, seine berühmte Wischmobfrisur ist schütter geworden. Der Abend beginnt mit einere druckvollen Version von „Wild Blue Yonder" aus Wellers vorletztem Album „As Is Now".

Dann doch: The Jam, Style Council, Solo-Hits

Der Sänger scheint, man kennt ihn nicht anders, von Anfang an unter Strom zu stehen. Zackig sind seine Bewegungen, immer wieder stößt er sein Haupt in Richtung Mikrofonständer wie ein Fußballer beim Kopfball, für die Gitarrensoli lässt er sich in den Bühnenhintergrund zurückfallen. Flankiert wird er von einer der besten Livebands seiner dreißigjährigen Karriere.Gitarrist Steve Cradock holt unglaubliche Wah-Wah-Kürzesteinlagen aus seinem Instrument, Bassist Andy Lewis erinnert in seiner Bügelfaltenhose an einen ungelenk tanzenden Finanzbeamten, Andy Crofts hockt büstenartig hinterm Keyboardturm, Drummer Steve Pilgrim grimassiert wie der junge Keith Moon.

Solohits wie „Wild Wood" wechseln mit dem Style Council-Knaller „Shout to the Top" und der berückenden Klaviergitarrenballade „Wishing on a Star". Ein Block mit Titeln aus dem „22 Dreams"-Album wird als akustischer Barhocker-Set zelebriert. Weller raucht, die blauen Schwaden machen die Pub-Atmosphäre perfekt. Als Rausschmeißer dann, wie immer, noch ein runtergeprügelter Jam-Klassiker: „Town Called Malice".

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