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Konzertkritik: Wildes Wellenbad

Mit ihrem Mix aus New-Wave-Klassikern und Bossa-Nova-Rhythmen haben "Nouvelle Vague" 2004 einen Überraschungserfolg gelandet. Gestern waren sie im Kesselhaus zu Gast und stellten ihr neues Album "Bande à part" vor.

Nennen wir es ein künstliches Wellenbad, eine wohl dosierte Wildheit, ein Guckloch zurück in die Siebziger und Achtziger: Wie „Nouvelle Vague”, das sind Marc Collin und Olivier Libaux, New-Wave-Hits in ruhige Bossa-Nova-Gewässer verschiffen, das hat schon was. Man mag ihnen Nostalgie vorwerfen, sie clevere Marketing-Strategen schimpfen, aber wahr ist, dass die Franzosen den alten Liedern neues Leben eingehaucht haben. Zarte Frauenstimmen, die Lieder von The Clash, Bauhaus und Depeche Mode lasziv zerdehnen, erweichen auch die Herzen alter Straßenkämpfer. Und doch wirkt das Ganze auf Platte etwas steril, weshalb man sich fragt, wie die Band wohl live performen mag.

Engelsgesicht und Vamp

Das Konzert im Kesselhaus der Kulturfabrik zerstreut etwaige Befürchtungen schnell, denn langweilig werden Nouvelle Vague auf der Bühne nie. Das liegt zu 99 Prozent an dem hinreißenden Sängerinnen-Duo Mélanie Pain und Phoebe Killdeer. Pain scheint mit Engelsgesicht geradewegs aus den Zwanziger Jahren eingeschwebt zu sein, Killdeer ist der Vamp, der die letzten Spuren von Wildheit aus den Songs herauskitzelt, die der Bossa Nova übrig lässt. Drumherum vier wohlwollende Musiker, die letztlich nur die Sound-Kulisse für diese furiose Zwei-Frauen-Show abgeben. Collin thront hinter einem Synthesizer, Libaux klampft andächtig die Gitarre, nebenan räkelt sich Killdeer auf dem Boden.

„Isch möschte ein Eisbäärr sein.” Wer könnte solch charmanten Zeilen widerstehen? Das Publikum im Kesselhaus jedenfalls nicht. Es singt mit, lässt sich sogar dirigieren und bittet die Band zur mehrfachen Zugabe auf die Bühne. Alle zusammen singen sie „Love will tear us apart” von Joy Division, in der Cover-Version, versteht sich. Selten klang Nostalgie schöner und unschuldiger.

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