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Konzertvorschau: Willkommen im Club

DJ T stellt am Mittwoch im Watergate seine Platte „The Inner Jukebox“ vor. Die Stücke sind vom frühen House und Techno inspiriert.

Auf der rechten Seite des Raumes türmen sich in einem Regal die Platten bis zur Decke. Links steht ein langer Tisch mit zwei Plattenspielern, um die herum sich ebenfalls bunte Cover stapeln. Mehrere 1000 Scheiben sind es, wie viele genau, kann Thomas Koch gar nicht sagen. In letzter Zeit brachte der DJ und Labelbetreiber in diesem Raum seiner Drei-Zimmerwohnung in Mitte etliche Nächte damit zu, sich durch die Sammlung zu hören. Koch, dessen Künstlername DJ T ist, suchte geeignete Samples. Die frei stehenden Soundstücke brauchte er für sein neues Album. „The Inner Jukebox“ heißt es und ist vom frühen House und Techno inspiriert.

Am Mittwoch stellt Thomas Koch die Platte im Watergate-Club in Kreuzberg vor. Anlässlich der „Berlin Music Days“ (Bermuda), der Ersatzveranstaltung für die abgesagte Musikmesse Popkomm, feiert er hier mit Freunden und Kollegen eine Party seines Labels „Get Physical“, einem der wichtigsten für elektronische Musik – es hat Stars wie M.A.N.D.Y., Raz Ohara und Booka Shade hervorgebracht. Die Firma ist auch der Grund, warum der gebürtige Düsseldorfer vor vier Jahren nach Berlin zog. Bei „Get Physical“ ist er dafür zuständig, neue Künstler unter Vertrag zu nehmen. Deshalb hört er drei bis vier Stunden Musik – täglich. „Privat komme ich jedoch kaum noch dazu – ein wunder Punkt.“ Groß geworden ist Koch mit klassischer Musik, in der Freizeit mag er zudem Jazz, französische Chansons und Bossa Nova. Außerdem könne er sich immer noch für alle möglichen Formen von Pop begeistern.

Bekannt wurde DJ T als Techno-Aktivist. In Frankfurt am Main, wo er bis zuletzt lebte, gründete er 1989 das Magazin „Groove“, das er bis 2004 leitete und dann verkaufte. Außerdem betrieb er dort einen Club – parallel zu seinem Label, das 2002 geboren wurde. Weil ihn die Arbeit bei der Plattenfirma immer mehr in Beschlag nahm und alle anderen Mitstreiter bereits in Berlin lebten, zog er 2005 ebenfalls hierher. Kurz darauf erschien Kochs Debütalbum „Boogiedown Playground“. „Die Entscheidung, hierher zu ziehen, bereue ich kein bisschen“, sagt er, „in Frankfurt habe ich mich zuletzt nicht mehr wohlgefühlt.“ Mittlerweile könne er sich gar nicht mehr vorstellen, woanders zu leben.

Eingelebt hat sich Koch schnell in Berlin. Das fiel ihm nicht schwer, das subkulturelle Angebot ist groß, hier kommt man leicht mit Gleichgesinnten in Kontakt. Zum Beispiel an Orten wie der Panorama-Bar im Berghain, seinem Lieblingsort in Berlin. „Ich mag den industriellen, abgefuckten Charme, er gibt mir eine Energie, die ich in ähnlicher Form nur in den frühen 90ern an manchen Orten gespürt habe“, sagt er. Hier feierte er vor kurzem 40. Geburtstag. Der Zahl an sich misst er keine große Bedeutung bei, nur eines beschäftigt ihn zunehmend: dass der Energieaufwand größer wird, das Leben in Balance zu halten. „Das natürliche Verlangen nach Ruhe, Pausen, Ausgleich und Entspannung steigt.“ Besonders seit einem Vorfall im Dezember. Koch legte auf einer Party auf, als der Geräuschpegel in seinen Ohren plötzlich stieg und unerträglich wurde. Ein Arzt diagnostizierte einen Hörschaden im rechten Innenohr. Koch hört seit dem Abend alles viermal so laut und aggressiv wie normal und muss maßgefertigte Ohrstöpsel tragen. Theoretisch könne es mit jedem Wochenende schlechter werden, so schlecht, bis das Auflegen gar nicht mehr geht. „Dann müsste ich mein ganzes Leben umkrempeln.“ Vorher geht er aber noch mal auf große Tour, mit neuem Album. Ab dem nächsten Jahr will Thomas Koch es dann etwas ruhiger angehen.Nana Heymann

Mittwoch, 0 Uhr, Watergate-Club, Falckensteinstraße 49a in Kreuzberg

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