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Punk-Kongress Malcolm McLaren

© dpa

Malcolm McLaren in Berlin: Der große Punk-Schwindel

Malcolm McLaren, der selbststilisierte Erfinder des Punk und einstige Manager der Sex Pistols, diskutierte in der American Academy und eröffnet heute eine Ausstellung in Berlin.

Malcolm McLaren war Mitte der siebziger Jahre Modefex in London. In seiner Boutique „Sex“ in Chelsea hat er sich mit Vivienne Westwood als Partnerin seine eigene Vision von Punk ausgedacht und gleichzeitig die Nichtmusikerband „Sex Pistols“. Er wurde damit zum erstbesten Vermarkter von Punk, dessen erfolgreichster Kommerzialisierer. Ein genialer Coup, der heute als Kunst durchgeht.

Im gediegen bürgerlichen Ambiente der „American Academy“ am Wannsee haben sich graumelierte Kunstkenner versammelt, um einer kurzfristig anberaumten „Conversation with Malcolm McLaren“ beizuwohnen. Der lässig graue, cool nadelstreifige Medienexperte Jo Groebel, und Malcolm McLaren lassen sich in tiefe Lederfauteuils sinken, und ins Gespräch. „Dieser Mann“, sagt Groebel über McLaren, „ist eine Legende, ein Mythos zwischen Pop und gehobener Kultur“.

Haben wir gelacht

Der Mythos im himmelblauen Pullover hebt an mit einer hohen Kieksstimme. Der Stimme, mit der er 1982 in einer Art Früh-Hip-Hop den lustigen Bi-Ba-Butzemann-Abzählreim „Buffalo Gals“ zum Hit rappte: „round the outside, round the outside“ – immer drumrum, immer im Kreis. McLaren erzählt, dass die Sex Pistols seine brillante Erfindung gewesen seien. Dass man ihn einen Scharlatan, Manipulateur, Kriminellen gescholten habe. Und dass das meiste auch gestimmt habe. Gelächter der Kunstexperten.

Überhaupt wird viel gelacht, wenn Malcolm aus dem Mode-Nähkästchen plaudert: dass er Kleidung entworfen habe, die „falsch“ aussehen sollte, sich aber als „richtig“ verkaufen ließe. Hosen, die aussahen, als könnte man unmöglich darin laufen. Mit diesem ganzen Leder-Gebammel. Daraus sei Punk geworden: „jung, sexy und aggressiv“. Und dass es beim Punk schließlich um das große, grandiose Scheitern gegangen sei, im Gegensatz zu einem netten kleinen, braven Erfolg. Grandios scheitert der Abend dann doch nicht, dazu ist er zu „art-ig“. Aber da war doch noch was mit „Art“, also Kunst.

Jetzt malt er musikalisch

Jemand schiebt dem Medienexperten ein Zettelchen hin. ach ja, wofür die Veranstaltung werben soll: Am heutigen Freitag eröffnet um 18 Uhr eine Galerieausstellung von McLarens jüngstem Werk. Er nenne es „Musical Paintings“, sagt er, „because that’s what they are.“ Filmsequenzen aus unbekannten Filmen der sechziger und siebziger Jahre hat er Klangschnipsel aus Pop-Songs zugefügt und das Ganze zu „musikalischen Gemälden“ verschmolzen. Wobei es ihm vor allem um die Körpersprache gehe, die er als „immens wichtig“ entdeckt habe.

Wie auch die „Langsamkeit“, die für die nächste Dekade die Kunst beherrschen werde. So habe er einige der Filmchen extrem entschleunigt. Wie eine Frau eine Treppe runtergeht, immer langsamer: sehr sexy sei das. Oder wenn jemand in einer Filmsequenz ganze drei Minuten lang nur Staub saugt. Das sei doch einfach toll.

Galerie Scheibler, Mitte, Charlottenstraße 2, bis 13. 12., Di–Sa 11–18 Uhr.

H.P. Daniels

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