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Oper: Orient mit Kalaschnikow

Mozarts „Entführung aus dem Serail“ im Schlosstheater Sanssouci zeigt, dass man auch mit wenig Mitteln gelungene Aufführungen machen kann.

Für den Chor der Janitscharen ist kein Geld da. Wenn der Bassa Selim einzieht, muss ein altes, grauenvoll leierndes Tonband genügen. Pedrillo stellt auch noch einen Teller daneben und ein Schild: „Für die Kultur in Brandenburg“. Das wirkt zunächst fürchterlich plakativ, aber die Inszenierung von Mozarts „Entführung aus dem Serail“ im Schlosstheater Sanssouci zeigt vor allem, dass man auch mit wenig Mitteln gelungene Aufführungen machen kann. Uwe Eric Laufenberg in seiner letzten Opernarbeit als Intendant des Hans Otto Theaters, bevor er nächstes Jahr zur Kölner Oper wechselt, greift zu einem entscheidenden Verfremdungseffekt: Selim und Osmin sprechen Arabisch. Obwohl man nichts versteht, versteht man plötzlich viel deutlicher, um was es eigentlich geht: um den Zusammenprall zweier Kulturen, die aneinander vorbeireden.

Natürlich ist es nichts Neues, die „Entführung“ im Kontext der jahrhundertealten und bis heute blutig-virulenten Konflikte zwischen Islam und Westen zu lesen. Aber Laufenbergs Regie ist kein billiger Versuch einer Aktualisierung, der sich ja in Zeiten von Touristen-Entführungen durchaus aufgedrängt hätte. Vielmehr wird der Abend immer überzeugend und schlüssig – und dabei wohltuend zurückhaltend – aus seiner eigenen Ästhetik heraus entwickelt, Bauchtänzerinnen und orientalische Rundbögen eingeschlossen. Keine revolutionär neuen Bilder wie bei Calixto Bieitos Inszenierung an der Komischen Oper Berlin , dafür aber eine solide, gut gemachte Inszenierung eines tausend Mal gespielten Stücks.

Herausragend ist Wolf Matthias Friedrich als mit Taliban-Turban bewehrter Osmin, in dessen Augen der Wahnsinn glimmt und schimmert und der die Kalaschnikow schnell bei der Hand hat – eine Rampensau im besten Sinne. Sein Arabisch ist nicht so gut wie das von Ishan Othman als Selim, aber der ist ja auch gebürtiger Iraker. Bei den beiden vibriert die Bühne vor Spannung. Jutta Böhnert (Konstanze) und Anna Palimina (Blonde) dagegen leiern ihren Sprechtext leider glanzlos herunter. Beim Singen sind sie besser.

Jutta Böhnert hat zwar zu Beginn Schwierigkeiten, den Glanz ihres reizvoll schattierten Soprans zu entfalten, steigert sich aber vor allem in den Quartetten des zweiten Aktes. Mit dem musikalischen Niveau der Kammerakademie Potsdam können die Solisten gleichwohl nicht immer mithalten. Konrad Junghänel dirigiert mit äußerst disziplinierten, genau dosierten Gesten. Das Ergebnis ist ein kristalliner, scharfer, ausdrucksvoller Klang. Mit so einem Orchester ist Brandenburg noch nicht verloren.

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