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© promo

Ostrock: Der Puhdys Kern

Am Donnerstag feiert die wichtigste Ostrockband ihr 40-jähriges Bühnenjubiläum in Berlin. Und Michael Hirte, das RTL-"Supertalent", soll dazu Mundharmonika spielen. Aber es gibt noch mehr Überraschungen.

Was hält eine Band 40 Jahre zusammen? Braucht es blindes Vertrauen, Freundschaftsbändchen, wöchentliche Gruppensitzungen, um in Ruhe über alles reden zu können? Quatsch, sagt Peter Meyer, 68, der Keyboarder. Was wirklich zählt, ist der nötige Abstand. Also nie zusammen in Urlaub fahren, nicht gemeinsam Einkaufen gehen oder ins Kino. Über längere Strecken im selben Auto zu sitzen, wäre tödlich, glaubt Meyer.

Die Puhdys haben ihre Regeln befolgt. Deshalb feiern sie am Donnerstag ihr 40. Bühnenjubiläum in der O2-World. Das Konzert wird gefilmt und später auf DVD veröffentlicht. Falls sie sich nicht zu oft verspielen, sagt Sänger Dieter Birr, 64, Künstlername „Maschine“. Und falls der Rest klappt: RTL-„Supertalent“ Michael Hirte soll mit seiner Mundharmonika auf der Bühne stehen, weitere Überraschungen sind geplant. Zum 30. in der Waldbühne hatten sie sieben Drummer gleichzeitig verpflichtet.

Ihren Platz in der Rockgeschichte haben die Puhdys sowieso sicher. Sie haben die zwei meistverkauften Alben der DDR veröffentlicht: „Computerkarriere“ und „Rock’n’Roll Music“. Sie spielten den Soundtrack zum Film „Die Legende von Paul und Paula“ ein und durften zu DDR-Zeiten für Konzerte nach Hamburg und West-Berlin – sowie für eine Tour in die USA. Obwohl die mehr eine Urlaubsreise war. Auftritte hatten sie dort keinen einzigen, sagt Maschine. 1989 machten sie eine Pause, der Keyboarder wurde DJ und der Gitarrist verlieh Lichtanlagen.

Drei Jahre später kamen die Puhdys wieder zusammen, zu groß war die Nachfrage nach „Ostrockbands“ in den neuen Ländern. Optimal findet Maschine diese Schublade nicht, „Ostrock“ klingt für ihn nach „aggressiver Melancholie“. Und ja, es gibt auch heute noch genug Westler, die die Puhdys nicht kennen oder noch schlimmer: verspotten. Manche werfen den Puhdys auch vor, dass sie damals nicht hinreichend systemkritisch waren. Ihr 1979er-Lied „Doch die Gitter schweigen“ war kein Protestsong gegen Stasiknäste, sondern eine Auftragsarbeit des DDR-Fernsehens zum Film Polizeiruf 110. Aber die Puhdys halten das aus. Sie haben schlimmeres überstanden. Etwa die mehrmonatigen Touren und die Momente der Rückkehr, wenn sie feststellten, dass sich ihre Lebensgefährtinnen Liebhaber zugelegt hatten. Dem Gitarristen ist das gleich drei Mal passiert.

Die schönen Seiten des Berufs überwiegen zum Glück. Wie die Zuneigung der Fans. Viele haben ihre Kinder „Melanie“ genannt – nach einem alten Puhdys-Ohrwurm: „Wo was los war, war auch sie. Man nannte sie nur Melanie.“ Im Gegenzug überlegte sich Keyboarder Meyer Spitznamen für die treuesten Konzertbesucher: Kaffeemaschine, Milchkanne, Maschinengewehr. Die Fans lieben das.

Kleine Skandale gab es auch. Den letzten vor drei Jahren, und die Geschichte dazu geht so: Sänger Maschine soll für das neue Album ein Cover ausgewählt haben, auf dem nur sein Gesicht zu sehen war. Das bekamen die anderen mit und entschieden in einer Krisensitzung, das Cover auszutauschen – gegen eines, auf dem alle zu sehen sind. Bis auf Maschine. Am Ende haben sie sich ausgesöhnt.

Wer die Musiker fragt, welche Ziele sie jetzt noch haben, bekommt meistens ihren Lebenstraum erzählt. Sie möchten einmal gemeinsam mit ihren Idolen, den Rolling Stones, in Peking auftreten. Das wäre Westrock und Ostrock vereint. Das Sympathische an Maschine und seinen Kollegen ist, dass sie genau wissen, dass die Stones vermutlich nie von der Existenz einer Band namens Puhdys erfahren werden.

O2-World, 1. Januar. Das Konzert beginnt um 20 Uhr. Karten kosten zwischen 33 und 43 Euro.

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