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Party-Tipp: Schade um den Schoko-Laden

Wie schön, dass es immer noch wieder Party-Alternativen gibt. Der Schokoladen-Club ist seit 19 Jahren Teil des ehemals besetzten Hauses in der Ackerstraße, das zwischen den polierten Fassaden hervorragt wie ein hohler Backenzahn. Sein Existenz ist stark gefährdet.

Oben haben Künstler ihre Ateliers, unten sind das Orphtheater und der Club der polnischen Versager. Zum Konzert im Schoko-Laden sind eine Menge Leute gekommen, und sei es auch nur für die Party danach. Die Herren von „The not Amused“ in dunklen Anzügen und mit schmalen Schlipsen spielen gerade ihren letzten Song, dann packen sie langsam ihre Instrumente auf der kleinen Holzbühne zusammen.

Der Tresen im Raum nebenan ist schon voll besetzt: Männer im Parka und Jungs mit Nietengürtel, Hosenträgern und gelben campinohaften Strubbelfrisuren sitzen neben Rotwein trinkenden Studenten und Frauen in Holzfällerhemden. Auf dem Ledersofa stellt ein junger Mann sein Bier neben einer Milchkaffeetasse ab. Er guckt ein bisschen müde, redet aber trotzdem gern, ein Journalist von der „Rhein-Neckar-Zeitung“, der über Fußball schreibt, aber davon träumt, einen ganz großen Roman zu schreiben („ist doch klar, will doch jeder“). Für den Moment sieht er auch so ganz zufrieden mit seinem Bier aus. Sein bärtiger Kumpel, der zweimal vorbeikommt, schief lächelt, sich eine Zigarette dreht und wortlos geht, ist es offenbar auch.

Auch die Band ist inzwischen mit dem Zusammenpacken fertig. Der Sänger pendelt noch etwas unruhig zwischen Bar und Bühne, doch ist der Raum zu übersichtlich, als dass man sich auf Dauer darin verlieren könnte. Aber auch das könnte bald ein Ende haben. Der Schoko-Laden soll eigentlich raus, die Klage des Eigentümers läuft schon eine Weile, im Herbst ist der Gerichtstermin. Wäre schade, wenn es ihn nicht mehr geben würde.

Schoko-Laden, Ackerstraße 169 in Mitte. Am 4. Juni, 21 Uhr: Konzert mit Peter Broderick, The Wind Whistles und Nils Frahm www.myspace.com/peterbroderick
www.myspace.com/thewindwhistles
www.myspace.com/nilsfrahm

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Johanna Lühr

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