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The Music of Wim Wenders

© Davids

Popkomm-Besuch: Wim Wenders: Konzert mit Lou Reed

Der deutsche Star-Regisseur verrät auf der Popkomm seine Pläne für einen Live-Auftritt am 3. Dezember im Tempodrom. Auch Geiger Daniel Hope hat Überraschendes zu verkünden.

Leiden verbindet, auch über Branchengrenzen hinweg. Als Wim Wenders, 63, im Konferenzraum seine Horrorgeschichte erzählt, kann man den Zuhörern das Mitleid an den Gesichtern ablesen. Die Horrorgeschichte geht so: Bei einem Aufenthalt in Moskau hat sich Wim Wenders eine illegale DVD gekauft, auf der fand er acht seiner eigenen Filme. Die Scheibe hat ihn bloß einen Euro gekostet. Das sind 15 Cent pro Film, rechnet Wenders vor. Aber das Schlimmste: Die Werke seien einfach in Kinosälen von der Leinwand abgefilmt worden. Das erkenne man daran, dass zwischendurch immer wieder Menschen aufstehen und zur Toilette gehen. Ist eine größere Entwertung des eigenen Schaffens denkbar?

Filmorchester Babelsberg spielt mit Lou Reed

Ja, auch die Filmbranche hat mit den Plagegeistern der Raubkopierer und Schwarzbrenner und Internetsauger zu kämpfen. Doch eigentlich ist Wim Wenders heute zur Popkomm gekommen, um sich ausfragen zu lassen über sein Verhältnis zur Musik und die Songs in seinen Filmen. Das passt ihm sehr gut, später am Tag wird er bekannt geben, dass er für den 3. Dezember ein Konzert im Tempodrom plant, in dem das Filmorchester Babelsberg Soundtracks von Wenders-Filmen spielt. Lou Reed, der für vier Filme Songs beisteuerte, soll mitmusizieren.

Auf der Popkomm-Interview-Couch erzählt Wenders erst einmal, wie er die passende Musik zu seinen Produktionen auswählt. Und was dabei schief gehen kann: Sein 1970er-Debüt „Summer in the City“ etwa bestückte er ausschließlich mit seiner Lieblingsmusik, mit Songs von den Stones bis Bob Dylan. Niemand an der Filmhochschule hatte ihn gewarnt, dass man für so etwas zuerst die Rechte abklären muss. Das gab Ärger. Wim Wenders hat noch mehr Anekdoten parat, zum Beispiel die Geschichte, dass sein Kumpel Ry Cooder keine Noten lesen kann und deshalb den Soundtracks zu „Paris, Texas“ einspielte, indem er sich den fertig geschnittenen Streifen ansah und dann stundenlang live dazu jammte. Unterhaltsam ist das schon.

Neues Musikfernsehen-Portal im Internet

Ein paar Hallen weiter wird richtig gearbeitet. Die Kölner Firma „Televised Revolution“ stellt ihre neue Internetseite www.putpat.tv vor, die bietet Musikfernsehen, das diesen Namen verdient – also ohne lästige Dating-Shows und Playboy-Soaps, wie man sie heute von MTV und Viva kennt. Das Magazin Intro ist genauso beteiligt wie zwei Veteranen des Musikfernsehens, Dieter Gorny und Ray Cokes.

Überhaupt das Internet. Dessen Bedeutung für die Branche könne man nicht groß genug einschätzen, sagt Daniel Hope, der Geiger. Er ist wie Wenders als Gastredner auf der Popkomm, seinen Vortrag wollen zwar nur halb so viele hören wie den des Filmemachers, aber dafür hat er eine klare, einleuchtende Botschaft: Manche Überlebensstrategien der Popbranche seien auch auf das Klassiksegment anwendbar. „Wenn ich auf Myspace und Youtube klicke, finde ich den aufregendsten Pop“, sagt Hope. „Warum keine Klassik?“ Und warum höre er viele Kollegen klagen, dass sie mit CD-Verkäufen kein Geld mehr verdienten? Hope sagt, ein Musiker solle für jede CD dankbar sein, die er aufnehmen dürfe. Weil sie Visitenkarte sei und Medienpräsenz sichere. Hope hat noch weitere Vorschläge für seine Kollegen aus der Klassik: Mehr Autogrammstunden geben. Manchmal etwas weniger elitär daherreden. Und ganz wichtig: Paul Potts nicht nur doof finden – zumindest nicht die Marketingmaschine um ihn herum.

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