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© promo

Record Release Party: DJ T: Der Sturm vor der Ruhe

Die Entscheidung, von Frankfurt nach Berlin zu ziehen, hat der DJ und frühere Techno-Aktivist Thomas Koch aka DJ T nicht bereut. Am Samstag stellt er im Berghain sein neues Album vor. Wegen eines Hörschadens will er demnächst kürzer treten - aber erst geht er auf große Tour.

Auf der rechten Seite des Raumes türmen sich die Platten in einem Regal bis zur Decke. Auf der linken Seite steht ein langer Tisch mit zwei Plattenspielern, um die herum sich ebenfalls bunte Cover quer durch verschiedene musikalische Genres stapeln. Mehrere tausend Scheiben sind es insgesamt, wie viele genau, kann Thomas Koch gar nicht sagen. In der letzten Zeit brachte der DJ und Labelbetreiber in diesem Raum seiner Drei-Zimmerwohnung in Mitte etliche Nächte damit zu, sich durch seine Sammlung zu hören. Koch, dessen Künstlername DJ T ist, suchte geeignete Samples. Die frei stehenden Soundstücke brauchte er für sein neues Album. „The Inner Jukebox“ heißt es und ist soeben erschienen.

Am Samstag stellt Thomas Koch das vom frühen House und Techno inspirierte Werk in der Panorama-Bar im Berghain vor, seinem Lieblingsort in Berlin. „Ich mag den industriellen, abgefuckten Charme, er gibt mir eine Energie, die ich in ähnlicher Form nur in den frühen 90ern an manchen Orten gespürt habe“, sagt er. Seit vier Jahren lebt der gebürtige Düsseldorfer nun schon in Berlin, weil er hier mit Freunden das Elektro-Label „Get Physical“ betreibt. Innerhalb des Labels ist er dafür zuständig, neue Künstler unter Vertrag zu nehmen. Dafür hört er drei bis vier Stunden täglich Musik. „Privat komme ich jedoch kaum dazu, noch was zu hören – das ist ein wunder Punkt.“ Groß geworden ist Koch mit klassischer Musik, in seiner Freizeit mag er zudem Jazz, französische Chansons und Bossa Nova. Außerdem könne er sich immer noch für alle möglichen Formen von Pop begeistern.

Bekannt geworden ist DJ T als Techno-Aktivist. In Frankfurt am Main, wo er früher lebte, gründete er 1989 das Magazin „Groove“, das er bis 2004 leitete und dann verkaufte. Außerdem betrieb er dort einen Club – parallel zum Label „Get Physical“, das 2002 geboren wurde. Weil ihn die Arbeit bei der Plattenfirma immer mehr in Beschlag nahm und alle anderen Mitstreiter bereits in Berlin lebten, zog es ihn 2005 ebenfalls hierher. Kurz nach seinem Umzug erschien sein Debütalbum „Boogiedown Playground“. „Die Entscheidung, hierher zu ziehen, bereue ich kein bisschen“, sagt Koch, „in Frankfurt habe ich mich zuletzt nicht mehr wohl gefühlt.“ Mittlerweile könne er sich gar nicht mehr vorstellen, woanders zu leben. Der einzige Wehrmutstropfen: dass es hier im Winter schneller dunkel wird als in seiner alten Heimatstadt.

Der Abend in der Panorama-Bar ist einer der wichtigsten seines Lebens, sagt Thomas Koch. Nicht nur, weil er seine neue Platte vorstellt, sondern weil er zugleich seinen 40. Geburtstag feiert. Der Zahl an sich misst er keine große Bedeutung bei. Nur eins beschäftige ihn zunehmend: Die Tatsache, dass der Energieaufwand größer wird, das Leben in Balance zu halten. „Das natürliche Verlangen nach Ruhe, Pausen, Ausgleich und Entspannung steigt.“ Insbesondere seit einem Vorfall im vergangenen Dezember. Koch legte auf einer Party auf, als der Geräuschpegel in seinen Ohren plötzlich anstieg und unerträglich wurde, fast schmerzhaft. Ein Arzt diagnostizierte einen Hörschaden im rechten Innenohr. Koch hört seit dem Abend alles viermal so laut und aggressiv wie normal und muss maßangefertigte Ohrstöpsel tragen, die geräuschdämpfend wirken. Theoretisch könne es mit jedem Wochenende schlechter werden, so schlecht, bis das Auflegen gar nicht mehr geht. „Dann müsste ich mein ganzes Leben umkrempeln.“ Vorher geht er aber noch mal auf große Tour, mit seinem neuen Album. Ab dem nächsten Jahr will Thomas Koch es dann etwas ruhiger angehen.

Panorama Bar/Berghain, Am Wriezener Bahnhof, Friedrichshain. Samstag, 4. Juli, ab 23 Uhr

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