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Tom Jones

© dpa

Tom Jones: Der Tiger tanzt

Seit Jahrzehnten begeistert er seine Fans. Dem Zahn der Zeit hat er bisher erfolgreich getrotzt: Zum 70. Geburtstag des Popstars Tom Jones.

Von Jörg Wunder

Einen wiederkehrenden Albtraum beichtete Tom Jones seinen Biografinnen Lucy Ellis und Bryony Sutherland: Sein Steuerberater eröffnet ihm seinen Ruin. Ab sofort müsse er einer „ordentlichen“ Arbeit nachgehen und könne das Singen nur noch als Hobby betreiben. Sicher eine schreckliche Vorstellung für einen Popstar, der über vier Jahrzehnte ein Leben in Saus und Braus geführt hat. Noch schlimmer wohl für einen, der sich aus einfachsten Verhältnissen hochgearbeitet hat: Jones, kränklicher Sohn eines walisischen Bergmanns, musste schon im Alter von 16 Jahren als Fabrikarbeiter und Staubsaugervertreter für Frau und Kind sorgen.

Seine Begeisterung für Musik fand ein Ventil durch Amateurauftritte in den Kaschemmen seiner Heimat, aber es dauerte sechs Jahre, bis sich Plattenfirmen für den Nachwuchssänger interessierten. Frühe Aufnahmen mit dem exzentrischen Joe Meek blieben Flops, erst der Londoner Produzent Gordon Mills lenkte das Potenzial des ungeschliffenen Naturtalents in die richtigen Bahnen. Dank des ekstatischen Soulgesangs wurde „It’s Not Unusual“ 1965 zum Welthit, dem weitere wie „What’s New Pussycat?“ oder „Delilah“ folgten. Tom Jones war rasch als neue Marke im Popzirkus etabliert: Als triebgesteuertes Bühnentier mit bis zum Bauchnabel aufgeknöpftem Hemd begeisterte er ein in der Mehrzahl weibliches Publikum, das ihm seine entfesselte Performance mit dem rituellen Zuwerfen von Dessous oder Hotelzimmerschlüsseln dankte.

Jones erkannte, dass sich seine Qualitäten in der Unterhaltungsindustrie von Las Vegas am lukrativsten vermarkten lassen. So blieb er als fürstlich bezahlter Entertainer eine feste Showbiz-Größe, als in den Siebzigern seine Affären, die Rivalität mit seinem Konkurrenten Engelbert Humperdinck und sein exzessiver Lebensstil für mehr Schlagzeilen sorgten als seine Musik. Anstatt wie sein Freund Elvis Presley als dekadenter Vegas-Rentner seinen Ruf zu verspielen, kriegte er noch mal die Kurve: Nach Gordon Mills’ Tod übernahm Jones’ Sohn Mark Woodward den Posten als Manager und ermunterte seinen Daddy, auf eine neue Generation zuzugehen.

Das gipfelte 1999 in seiner erfolgreichsten Platte: „Reload“, eine brillante Sammlung von Kooperationen mit jüngeren Stars wie Robbie Williams, Simply Red oder The Cardigans, verkaufte sich sechs Millionen Mal. Zu dem vom deutschen Technoproduzenten Mousse T geschriebenen Superhit „Sex Bomb“ zuckten Menschen über die Tanzflächen, die in den Sechzigern noch gar nicht geboren waren. „Die Zeit ist mein Feind, weil sie mich irgendwann von dem abhalten wird, was ich so liebe“, erklärte Jones 1998. Bisher hat der Tiger aus Wales dem Zahn der Zeit trotzen können. Am Montag wird Tom Jones 70 Jahre alt.

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