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Porträt: Großen Gefühlen ein Gesicht gegeben

Ein leises "Danke" und ein gerührtes Lächeln ob der vielen Blumen und Glückwünsche - so verabschiedete sich die Schauspielerin Maria Schell von Freunden und Fans.

Wien (27.04.2005, 12:10 Uhr) - Das war 2002 im Wiener Künstlerhauskino nach der Premiere des Dokumentarfilms «Meine Schwester Maria», den ihr Bruder Maximilian ihr gewidmet hatte. Ihren letzten öffentlichen Auftritt hatte sie dann im November des selben Jahres: Zusammen mit Maximilian erhielt sie in Berlin einen Bambi für ein Lebenswerk - Maria Schell saß, den Tränen nahe, in einem vergoldeten Sessel auf der Bühne, das Publikum erhob sich, um zu applaudieren. Am Dienstagabend ist die Schauspielerin, die großen Gefühlen ein Gesicht gegeben hat und internationale Erfolge feierte, auf ihrer Alm in Kärnten gestorben. Sie wurde 79 Jahre alt.

Als «Seelchen» war sie bekannt geworden in Kinohits der 1950er Jahre. An der Seite von Dieter Borsche, mit dem sie eine Liebe verband, «die uns beiden sehr weh getan hat», avancierte sie in Streifen wie «Dr. Holl» und «Es kommt ein Tag» rasch zum Publikumsliebling. Nicht weniger als acht Bambis trugen ihr Hauptrollen in Filmen wie «Bis wir uns wiedersehen» und «Tagebuch einer Verliebten» ein. Sie berührte ihr Publikum mit authentischer Darstellung großer Gefühle, unverwechselbar wurde ihr viel beschworenes «Lächeln unter Tränen».

Internationale Erfolge gaben ihr die Chance, das ungeliebte Etikett des «Seelchens» abzulegen und sich als ernste Charakterdarstellerin zu beweisen. Für ihre Rolle der Kinderärztin in Helmut Käutners Anti-Kriegsfilm «Die letzte Brücke» wurde sie 1954 in Cannes als beste Schauspielerin geehrt. Die Auszeichnung brachte ihr zahlreiche Angebote für amerikanische und französische Filme ein. Mit Berühmtheiten wie Marcello Mastroianni, Marlon Brando und Romy Schneider teilte sie Erfolge in «Superman» (1978) oder «Die Spaziergängerin von Sanssouci» (1982).

Auch im Theater machte Schell international von sich reden und spielte über Monate in einer Broadway-Inszenierung von Pavel Kohouts «Arme Mörder». Bei den Salzburger Festspielen gab sie 1955 an der Seite von Will Quadflieg die Luise Miller in Schillers Drama «Kabale und Liebe». Nach der Devise «Ich gehe mit der Zeit. Mit dem Fernsehen kann ich viel mehr Menschen erreichen als mit dem Film» war Schell seit den 80er Jahren vor allem auf dem Bildschirm zu sehen, vom «Tatort»-Krimi über das «Traumschiff» bis zur Familienserie «Die glückliche Familie» mit Siegfried Rauch und Maria Furtwängler.

Der langsame Abschied vom Ruhm und ein über lange Phasen glückloses Privatleben machte dem Hollywood-Star zunehmend zu schaffen. Sie stürzte sich mit unbedachten Einkäufen in finanzielle Probleme und glitt immer wieder in Depressionen ab. 1991 wurde die große Lebenskrise der Schauspielerin öffentlich, als sie versuchte, sich mit Tabletten das Leben zu nehmen. Wiederholt griff ihr in schwierigen Situationen ihr Bruder Maximilian unter die Arme.

2001 verfilmte der Oscar-Preisträger das Leben seiner Schwester und schuf mit dem semidokumentarischen Film das eindrucksvolle Dokument eines Künstlerlebens zwischen Welterfolg und persönlichen Abstürzen. Humorvoll distanziert zeigte sich die Schauspielerin hier, wenn sie wahrheitsgetreu Szenen nachspielte, in denen sie Einkäufe mit ungedeckten Schecks tätigte.

Der Film hatte ihr nach der tiefen Existenzkrise noch einmal viel Kraft gegeben. Mit Freude beteiligte sie sich an den Dreharbeiten und fand noch einmal zu dem kraftvollen Optimismus zurück, den ihre Fans schätzten. Als lebensfroh-geistreiche Persönlichkeit zeigte sie sich auch in den Memoirenbänden «... und wenn's a Katz is» und «Die Kostbarkeit des Augenblicks». Humorvoll und mit pointenreichen Aphorismen durchsetzt beschrieb sie darin ihre Gedanken und Erinnerungen an eine große Karriere.

Als Tochter eines Schweizer Schriftstellers und einer österreichischen Schauspielerin am 15. Januar 1926 in Wien geboren, wuchs sie mit den Geschwistern Maximilian, Immy und Carl von 1938 an in der Schweiz auf. Ihre kaufmännische Lehre brach sie ab, als sie der Regisseur Sigfrit Steiner 1942 ohne jegliche Ausbildung für seinen Film «Der Steinbruch» engagierte, und nahm Schauspielunterricht in Zürich.

Ihre erste Ehe mit dem Regisseur Horst Hächler, aus der Sohn Oliver stammt, hielt nur wenige Jahre. Mit dem österreichischen Schauspieler und Regisseur Veit Relin war sie 22 Jahre verheiratet. Mit ihm bekam sie ihre Tochter Marie-Theres. Das wichtigste im Leben, sagte sie in einem Interview nach einem langen Klinikaufenthalt, sei, das Jetzt zu schätzen: «Ich lebe einfach den Augenblick», sagte sie damals. «Diese Kunst muss erlernt sein». (Von Irmgard Schmidmaier, dpa)

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