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Marco Mandik zu Besuch beim Tagesspiegel.

© Kitty Kleist-Heinrich

Porträt: Marko Mandic - Slowene, Schurke, schwuler Lover

Marko Mandic gibt oft den osteuropäischen Fiesling. Doch er kann auch ganz anders. Ein Porträt des slowenischen Theater- und Filmstars.

Doll. Da sitzt einem der fiese russische Mafioso aus der Fernsehserie „Im Angesicht des Verbrechens“ mal eben so gegenüber. Marko Mandic ist nur für zwei Tage in Berlin, dann geht es zurück nach Ljubljana. Am Nationaltheater hat er vergangene Woche an drei Tagen fünfmal den Hamlet gespielt und einen Kinofilm gedreht. „Inferno“ erzählt im finanziell kriselnden Slowenien vom Abstieg einer Familie nach dem Arbeitsplatzverlust des Vaters. „Ein schwarzer Film“ sagt Mandic und zeichnet gestisch eine Kurve nach ganz unten.

Anders verläuft zum Glück die Karrierekurve des verglichen mit seinen Rollen überraschend lichten Charismatikers. Die zeigt inzwischen auch in Deutschland schräg nach oben. Mit „Lose your head“ und „Gold“ ist er gleich zweimal auf der Berlinale vertreten. Irgendwie folgerichtig, denn in Slowenien ist der 1974 geborene Mandic längst ein Star. Seit 15 Jahren ist er am Nationaltheater engagiert, viermal wurde er als bester Theaterschauspieler des Landes ausgezeichnet. Trotzdem: Seine neue Popularität in Deutschland ist alles andere als selbstverständlich. Denn deutsche Regisseure casten nicht gerade standardmäßig in Ländern wie Slowenien.

Wie es kam, dass er seit 2010 in Deutschland schauspielerisch Fuß fasst? „Na, durch die Berlinale“, sagt Mandic, „ohne sie säße ich jetzt nicht hier“. Bingo! Zwar wurde er 2007 auf dem Festival als slowenischer Shooting Star ausgezeichnet, aber so eindeutig war die Antwort nicht abzusehen. Doch, ganz klar, sagt er. Da habe er Kontakte zu Castingleuten geknüpft, die ihn dann als tätowierten Kriminellen in „Im Angesicht des Verbrechens“ oder als kosovarischen Schläger in Dror Zahavis „Zivilcourage“ besetzten. Zuerst noch mit einem klaren Rollenbild Marke osteuropäischer Finsterling. Marko Mandic lacht. „Ich bin froh, dass ich nicht in dieser Schublade hängen geblieben bin.“ In „Gold“ spielt er jetzt einen Cowboy und in „Lose your head“ einen schillernden schwulen Lover mit gut definierter Muskulatur. Lustig daran: Produzent Patrick Schuckmann und Regisseur Stefan Westerwelle trauten sich erst nicht, dem vermeintlich knallharten Typen vom Balkan die Rolle eines schwulen Partygängers in der Berliner Clubszene anzutragen. „Die dachten, ich gebe ihnen einen Kinnhaken“, amüsiert sich Mandic immer noch. Erst als sie auf seinem Showreel sahen, dass er auch schon einen Transvestiten gespielt hat, atmeten sie erleichtert durch.

Mandic selbst nennt sich liberal, links und einen demokratischen slowenischen Bürger. Nur nach seiner Nationalität will er von Bürokraten nicht gefragt werden. „Da mache ich auf Formularen nur einen Strich.“ Der Sohn einer Slowenin und eines Serben ist noch im vereinten Jugoslawien aufgewachsen, wo er sich in der Schule erst nicht nur als Slowene und dann nach der Unabhängigkeit des Landes nicht mehr als Jugoslawe bezeichnen durfte. Das hat ihn als Kind Kraft gekostet und für alle Zeiten für die Manie, Menschen zuordnen zu wollen, verdorben. „Das schafft vorgefertigte Bilder im Kopf. Die wiederum machen Angst und die ist doch unser größtes Problem.“

Seines allerdings nicht. Mandic, der auch ein Jahr am Lee Strasberg Institute in New York studiert hat, scheut als Schauspieler nichts, was an Darstellungsformen verlangt wird. Sportive oder tänzerische Körperlichkeit, Wortkaskaden oder „artifiziellen Scheiß“. Er grinst und sagt: „Aber ich wünsche mir mehr stumme Rollen.“ Der introvertierte Pferdepacker in „Gold“ sei dem schon recht nahegekommen. Und wie steht es mit seiner Sehnsucht nach üppig budgetierten Mainstreamproduktionen? Er schüttelt den Kopf. Das interessiert ihn nicht so. „Nö, ich bin ein Arthaus-Typ.“

Sein Deutsch hat er schon am Gymnasium gelernt. In Slowenien wird es standardmäßig als Zweitsprache gelehrt. Erst fand er es doof, dann hat er sich in den „sexy Klang“ verliebt. Apropos sexy. Er spielt in einem Film über die von Begierden geschwängerte Partyszene Berlins und hat in den letzten Jahren dauernd hier gedreht, da gibt’s doch bestimmt einen Lieblingsclub? Nein, Familienvater Mandic muss passen. „Ich bin kein Party-Tier.“ Stattdessen ist er abends dauernd in die Schaubühne, Volksbühne oder ins DT gerannt, um sich Inszenierungen von Ostermeier, Marthaler oder Gotscheff anzusehen. „Mit denen würde ich gerne mal arbeiten“, sinniert er. Wer weiß, könnte durchaus noch geschehen. „Lose your head“: 11.2., 22.30 Uhr (Colosseum), 17.2., 22.30 Uhr (Cubix); "Gold": 15.2., 15 Uhr, 17.2. 10 Uhr (jeweils Friedrichstadt-Palast)

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