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Kultur: Porzellan der Prinzessin

Die Stärken der neuen Cologne Fine Art liegen bei der Klassischen Moderne

Ein seltenes Meißener Teeservice mit plastischen Rosenzweigen und leuchtenden Knospen, die Freiräume bemalt mit Schmetterlingen, Raupen und Käfern, gehört zu den feinsten Stücken der Cologne Fine Art. Das um 1735 entstandene Geschirr stammt aus dem Kensington Palace in London. Seine hochadlige Besitzerin, die schlagzeilenträchtige Princess Michael of Kent, hat sich erst kürzlich davon getrennt. Für rund 42 000 Euro ist es nun bei der Kunsthändlerin Dagmar Holz aus Königswinter zu erwerben.

Das Geschirr erscheint wie ein Symbol für die neue Messe. Abwarten und Tee trinken ist nach der Unruhe im Vorfeld angebracht. Da sollten Termine vertauscht, die Art Cologne in den Frühling und die Frühjahrsmesse in den Herbst verschoben werden. Die neu konzipierte Cologne Fine Art hat ihren Platz nun unmittelbar nach der Madrider Arco und drei Wochen vor der Tefaf in Maastricht gefunden; wie vormals das Trio aus Westdeutscher Kunst Messe (WKM), KunstKöln und Antiquitätenmesse, aus dem sie entspringt.

Auf den alten Zusatz „international“ hat man bei der Neukonzeption wohlweislich verzichtet: Neunzig Prozent der 193 Galeristen und Händler kommen aus Deutschland. Und auch bei den Besuchern fehlt der internationale Jetset. Powershopper und Lifestylesammler – wie sie zuletzt in London und Miami gesichtet wurden – gibt es in Köln kaum. Stattdessen ist eine sympathisch-altmodische Spezies anzutreffen: der Liebhaber. Er nähert sich Objekten seiner Begierde andächtig und überlegt lange, sehr lange. Um ein erotisches „Liebespaar“ von Otto Mueller, das Innigkeit und leises Zögern verbindet, sind viele Bewunderer herumgeschlichen. 120 000 Euro kostet das um 1918 auf gelblichem Papier aquarellierte Bild in der Galerie Vömel.

Über einen „sensationellen Auftakt wie in alten Zeiten“ freute sich der Münchner Galerist Hans Maulberger. Ölbilder von Baumeister, Aquarelle von Nolde, ein großes Pechstein-Aquarell und Werke von Heckel waren im Nu verkauft. „Was ist eigentlich negativ an Köln?“, fragt der Galerist, „Die Nähe zu Paris und anderen Großstädten?“ Lyonel Feiningers Ölbild „Cammin“ von 1934 galt 60 Jahren lang als verschollen. Es kostet bei Ludorff 790 000 Euro.

Der junge Kölner Spezialist für außereuropäische Kunst Dierk Dierking ist auf der Cologne Fine Art in seinem Element, denn hier wird Stammeskunst durch Einbindung in den Kontext der frühen Moderne zu exklusiven Artefakten aufgewertet. Eine seltene Grabbeigabe aus dem Nordwesten Mexikos, ein 1400 Jahre alter „homo phallicus“, war sofort verkauft. Er gibt der Forschung Rätsel auf. Womöglich ist es ein frühes Beispiel für Karikatur, vielleicht Ausdruck eines ungefestigten religiösen Weltbildes.

Doch nicht überall läuft es so glänzend. Von zwei Ständen hat Messechef Gérard Goodrow die Hälfte der Ware bereits vor Messebeginn abgezogen. Als Grund gab er die Überrestaurierung der angebotenen Objekte an. Aus einem Minimum an Originalsubstanz haben eifrige Konstrukteure vorgeblich Antiquarisches aufgebaut. Die Überprüfung von Provenienzen gilt auf der Messe als Ehrensache: Bis zu zehn Mitarbeiter der Kölner Niederlasssung des Art-Loss-Register machen an den Ständen Notizen und Skizzen, die sie laufend mit ihrer Datenbank gestohlener Kunst abgleichen. Man würde es sich andersherum wünschen: Händler, die Zertifikate bereits in der Tasche haben, wenn die Messe eröffnet.

Die zeitgenössische Kunst, an der sich heute die Strahlkraft einer Messe misst, ist bei der Cologne Fine Art eine traurige Sache. Selbst Michael Schultz aus Berlin, der auf der vergangenen Art Cologne einen überdimensionalen Bisky dem Kölner Museum Ludwig verkaufte, möchte beim „C-Movie“ im Frühjahr nicht mehr mitspielen. Und auch die Fotografie – beim Start der KunstKöln vor ein paar Jahren noch die große Hoffnung – ist ein einsames Geschäft geworden. „Die Leute erschrecken, wenn man sie anspricht, und drehen ab“, klagt der Kölner Galerist Martin Kudlek. Da hilft nur ein Griff zu nervenstärkendem Heißgetränk in der nahen Schoko-Lounge.

Cologne Fine Art, Köln Messe, bis 19. Februar, Katalog 25 Euro.

Johanna Di Blasi

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